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Jeder dritte Fernzug verspätet - Bahn kassiert Jahresziel

Die Bahn hatte sich für das laufende Jahr eine Pünktlichkeitsquote von mehr als 70 Prozent vorgenommen. Schon jetzt ist klar: Das wird nicht klappen.
Pünktlichkeit der Deutschen Bahn im Februar
Fahrgäste mussten im ersten Halbjahr besonders lange auf den Zug warten (Archivfoto). © Christoph Soeder/dpa

Auf der Schiene in Deutschland liegt einiges im Argen, das war für Millionen Fahrgäste schon vor der Fußball-Europameisterschaft offensichtlich. Allein im Juni, während der ersten Turnierhälfte, war fast jeder zweite Fernzug mit Verspätung unterwegs, wie die Bahn nun mitteilte. Zuletzt hatte es im vergangenen November einen so schlechten Pünktlichkeitswert gegeben, davor viele Jahre nicht. 

Ihr Pünktlichkeitsziel für das laufende Jahr kassiert die Bahn deshalb schon jetzt. Ursprünglich sollten 2024 mehr als 70 Prozent der Züge pünktlich kommen. Es zeichne sich ab, dass die Jahrespünktlichkeit deutlich unter diesem Zielwert liegen werde, hieß es nun. 

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Mehr als jeder dritte Zug im ersten Halbjahr verspätet

Im gesamten ersten Halbjahr dieses Jahres kamen der Bahn zufolge lediglich 62,7 Prozent der Fernzüge ohne größere Verzögerung am Ziel an. Das waren fast sechs Prozentpunkte weniger als im Vorjahreszeitraum. Die sogenannte Reisendenpünktlichkeit sah im ersten Halbjahr mit 66,8 Prozent nicht viel besser aus. 

Anders als die betriebliche Pünktlichkeit wird dabei ausgewertet, wie groß der Anteil der Reisenden war, die ihr Ziel ohne größere Verzögerungen erreicht haben. Berücksichtigt werden dabei auch Zugausfälle. Als verspätet gilt ein Fahrgast dabei ab einer Verzögerung von 15 Minuten. «Die massiven Streiks, das bundesweite Baugeschehen und insbesondere die Extremwettereignisse im ersten Halbjahr in einem noch nie dagewesenen Ausmaß haben die Zahl nach unten gedrückt», teilte die Bahn weiter mit. 

Extremwetter im Juni

Die Extremwetterlagen machten Bahn und Fahrgästen vor allem im Juni schwer zu schaffen. «Mit durchschnittlich über 400 Zügen pro Tag waren mehr als doppelt so viele Fernzüge von externen Einflüssen wie Hangrutschen, Überflutungen und Dammschäden betroffen wie normalerweise», hieß es. «Damit lag diese Zahl sogar 33 Prozent über den bisherigen Spitzenmonaten während der Flutkatastrophe im Sommer 2021.» Noch nie gab es demnach so viele unwetterbedingte Verspätungen bei der Bahn. 

Doch Streiks und das schlechte Wetter erklären die geringe Zuverlässigkeit der Bahn nur zum Teil. Schließlich kämpft der Konzern schon seit Jahren mit hohen Verspätungsquoten. Hauptgrund dafür ist die schlechte Infrastruktur, die seit Jahrzehnten auch aufgrund der mangelnden Finanzierung auf Verschleiß gefahren wird. Das zeigte sich besonders schmerzhaft während der Fußball-EM. 

Laute Bahn-Kritik nach Fußball-EM

Unter anderem musste das niederländische Team wegen einer mehr als zweistündigen Verspätung kurzfristig statt mit dem Zug per Flieger zum Halbfinale reisen. Zu Beginn des Turniers strandeten zeitweise Hunderte österreichische Fans in Bayern, weil eine Baustelle anders als geplant nicht rechtzeitig fertig wurde. Turnierchef Philipp Lahm verpasste in der Gruppenphase wegen Bahn-Problemen den Anpfiff einer Partie. 

Die Bahn räumte mehrmals Probleme ein und bat die Fahrgäste um Entschuldigung. Doch die negativen Schlagzeilen führten zu lauter Kritik auch aus der Politik.

Generalsanierung soll es richten

Die Bahn-Schelte fiel so heftig aus, dass sich sogar die Konkurrenten genötigt sahen, dem bundeseigenen Konzern beizuspringen. «Aus unserer Sicht muss sich zuallererst der Bund ehrlich machen», teilte etwa Peter Westenberger, Hauptgeschäftsführer des Wettbewerberverbands Die Güterbahnen, vor einigen Tagen mit. Seit Jahren werde die Kritik an sinkender Qualität und Kapazität des Schienennetzes «weggewischt». «Deutschland spart sein Schienennetz noch immer kaputt – und deswegen könnte der EM-Verkehr nicht die letzte Peinlichkeit gewesen sein.» 

Seit einiger Zeit kommt allerdings Bewegung in die Sache. Mit bisher nicht gekannten Milliardensummen will der Bund das Schienennetz modernisieren. Seit dieser Woche läuft die Rundum-Sanierung der Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim. Bis Mitte Dezember ist der viel befahrene Korridor komplett gesperrt. Danach soll die Strecke für mehrere Jahre baufrei bleiben. 

Nach diesem Konzept sollen bis 2031 weitere 40 stark frequentierte Streckenabschnitte wieder fit gemacht und die Pünktlichkeit stückweise wieder verbessert werden. «Mit der Sanierung des Schienennetzes wird dieses auch widerstandsfähiger gegen Extremwetterereignisse», teilte die Bahn mit. Nicht nur Fußballfans hoffen, dass der Plan aufgeht.

© dpa ⁄ Matthias Arnold, dpa
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