Müslis, Joghurts, Tiefkühlpizzen: Auf mehr und mehr Packungen ist das farbige Nutri-Score-Logo inzwischen zu sehen, das Supermarktkunden eine Hilfe beim Kauf gesünderer Lebensmittel bieten soll. Hersteller setzten es in den vergangenen Jahren zusehends ein - nun kommt aber ein Dämpfer. Danone, ein Pionier bei der Einführung in Deutschland, nimmt das Logo nach Änderungen am Berechnungsmodell von Teilen seines Sortiments herunter. Verbraucherschützer forderten daraufhin erneut, eine Nährwert-Kennzeichnung zur Pflicht zu machen.
Wie Danone mitteilte, soll der Nutri-Score bei trinkbaren Milchprodukten und pflanzlichen Drinks etwa auf Haferbasis von September an schrittweise entfernt werden. Denn nach dem neuen Algorithmus würden sie in einer Kategorie mit Softdrinks eingeordnet, obwohl es seit Jahrzehnten wissenschaftliches Basiswissen sei, dass Milchgetränke und Milchalternativen als Nahrungsmittel gesehen würden. Dies verursache Verwirrung bei den Verbrauchern und würde zu «vollkommen absurden und nicht mehr nachvollziehbaren Nutri-Score-Bewertungen führen».
Logo mit Farben und Buchstaben
Über die Bewertungsmethode der in Frankreich entwickelten Kennzeichnung gibt es seit längerem Diskussionen. Der Name bedeutet so viel wie «Nährwert-Punktzahl». Sie bezieht neben Zucker, Fett und Salz auch empfehlenswerte Elemente wie Ballaststoffe, Eiweiß oder Anteile an Obst und Gemüse ein. Für die Mengen pro 100 Gramm werden Punkte vergeben. Heraus kommt ein Gesamtwert, der in einer Fünf-Stufen-Skala abgebildet und hervorgehoben wird: von «A» auf dunkelgrünem Feld für die günstigste Bilanz über ein gelbes «C» bis zum roten «E» für die ungünstigste.
Änderungen bei einigen Berechnungen hatte im vergangenen Jahr ein Gremium der Länder beschlossen, in denen Nutri-Score amtlich empfohlen wird. Demnach werden Milch, Milch- und Pflanzengetränke als Getränke bewertet und nicht mehr wie zuvor als allgemeine Lebensmittel, wie das Bundesernährungsministerium damals nach den wissenschaftlich erarbeiteten Änderungen erläuterte. Als einziges Getränk kann weiterhin Wasser die beste «A»-Bewertung erhalten. Für die Umstellung auf die neuen Bedingungen läuft demnach noch eine Übergangsfrist bis Ende 2025.
Branche warnt vor «falschen Signalen»
Danone begründete den Teilausstieg auch damit, Verwirrung am Supermarktregal zu vermeiden. So könne beim gleichen Haferprodukt nun ein löffelbarer Joghurt eine bessere Bewertung bekommen als die Variante als Drink. In der Branche hatten die Änderungen schon damals Kritik ausgelöst. Der Milchindustrieverband warnte vor falschen Signalen, wenn für Milch und Milchmischgetränke dieselben Kriterien wie für Saft oder Limonade gelten. Dadurch könne ernährungsphysiologisch wertvolle Vollmilch nur ein «C» erzielen, obwohl sie Proteine, Vitamine und Calcium liefere.
Die Verbraucherorganisation Foodwatch erklärte dagegen: «Kaum erhalten einige Produkte eine orange oder rote Ampel, macht Danone einen Rückzieher aus der verbraucherfreundlichen Kennzeichnung mit dem Nutri-Score.» Verantwortung für gesunde Ernährung sehe anders aus. Tatsächlich würden manche Produkte nun aus dem grünen Score-Bereich herausrutschen. Eine strengere Bewertung zuckriger Trinkjoghurts sei aber sinnvoll. Denn sie seien eben keine Nahrungsmittel, sondern würden in der Regel außerhalb der Mahlzeiten als flüssige Snacks konsumiert.
Bedauern beim Ministerium - mehr als 1.300 Marken registriert
Im Ernährungsministerium hieß es auf Anfrage, man nehme die Entscheidung von Danone mit Bedauern zur Kenntnis. Der Nutri-Score sei auf Grundlage der aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse überarbeitet worden. In der Gruppe der Getränke sei eine bislang unzureichende Differenzierbarkeit festgestellt worden. Um die Wahl günstigerer Produkte zu erleichtern, sei es notwendig, Getränke mit einem geringen Zuckergehalt besser von Alternativen mit hohen Gehalten abzugrenzen. Für die Nutzung des Nutri-Scores registriert seien aktuell 890 Firmen mit 1.320 Marken. Seit Inkrafttreten des neuen Algorithmus Anfang 2024 seien bisher acht Marken abgemeldet worden - nach 16 Abmeldungen im gesamten vergangenen Jahr.
Verbraucherschützer für Ende des «Rosinenpickens»
Wieder in den Fokus rückt auch die generelle Ausrichtung des Logos, das eine Ergänzung zu den verpflichtenden Angaben in der klein gedruckten Zutatenliste sein soll. Anbieter können es auf freiwilliger Basis nutzen, müssen sich dann aber an Vorgaben halten. «Das Prinzip Freiwilligkeit ist gescheitert», kritisierte Foodwatch-Expertin Luise Molling und mahnte erneut eine verpflichtende europaweite Einführung an. «Das Rosinenpicken der Konzerne muss ein Ende haben.»