Von den bestehenden Lieferengpässen bei zahlreichen Medikamenten sind auch medizinische Kochsalzlösungen betroffen. Darauf hat am Wochenende der Apothekerverband Nordrhein hingewiesen. «Was in den Klinken schon seit Monaten ein großes Problem ist, erreicht jetzt auch die Versorgung ambulanter Patienten. Es gibt zurzeit viel zu wenig Kochsalzlösung», sagte der Chef des Apothekerverbands Nordrhein, Thomas Preis, der «Rheinischen Post» (Samstag). Die Lösungen werden in Krankenhäusern etwa für Infusionen und Spülungen bei Operationen benötigt.
Das NRW-Gesundheitsministerium bestätigte der Zeitung die Angaben: «In den letzten Wochen sind Kliniken, auch Universitätskliniken, auf das Ministerium zugekommen, weil sie sehr große Probleme haben, sich im ausreichenden Maß mit steriler Kochsalzlösung zu versorgen. Demnach werden die Kliniken in NRW und Deutschland bereits seit Monaten nur noch mit rund 80 Prozent der Bedarfe beliefert, zuletzt sogar nur noch mit rund 50 Prozent.»
Krankenhausgesellschaft NRW warnt vor OP-Verschiebungen
Der Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), Matthias Blum, sagte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur: «Der Engpass bei den Kochsalz-Spüllösungen beschäftigt die Krankenhäuser schon sehr lange. Seit Juni haben wir mehrfach darauf aufmerksam gemacht und davor gewarnt, dass Operationen verschoben werden müssen.» Trotz der aktuellen Kontingentierung der Liefermengen könne aufgrund des Engagements der Krankenhäuser eine Gefährdung der Patientinnen und Patienten aber ausgeschlossen werden, betonte er am Sonntag.
«Am Anfang des Monats ist es meist etwas besser, da dann neue Kontingente abgerufen werden können, aber gerade zum Ende des Monats kommt es weiterhin zu Engpässen.» In den Krankenhäusern bleibe dann oft nur die Möglichkeit, die angeforderten Mengen einzelner Abteilungen anzupassen, um möglichst alle Abteilungen kontinuierlich beliefern zu können. «Die Krankenhäuser setzen ihre Hoffnung auf Meldungen, wonach vielleicht schon Ende des Jahres eine Entspannung eintreten kann.»
Behörde verzeichnet aktuell knapp 500 Lieferengpässe
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) führt eine Datenbank, in die
Hersteller Lieferengpässe für versorgungskritische Arzneimittel eintragen. Ein Lieferengpass ist laut BfArM eine über zwei Wochen hinausgehende Unterbrechung einer üblichen Auslieferung oder eine deutlich erhöhte Nachfrage, die das Angebot übersteigt. Anfang Oktober waren dort knapp 500 Medikamente gelistet.
Lieferengpässe von Medikamenten hatten in den vergangenen Jahren immer wieder Schlagzeilen gemacht. Betroffen waren vor allem Schmerzmittel und Antibiotika, und auch Fiebersäfte für Kinder.
Das Bundesinstitut versicherte der Zeitung, dass die Kapazitäten hochgefahren werden: «Das BfArM bewertet die Hinweise auf Lieferengpässe bei isotonischer Kochsalzlösung zum Spülen (Medizinprodukt) als auch für Infusionslösung (Arzneimittel) engmaschig und steht mit den betroffenen Zulassungsinhabern in einem kontinuierlichen Austausch.» Dabei sei kommuniziert worden, dass sich zusätzliche Produktionskapazität in Deutschland im Aufbau befinde. «Es wird mit Hochdruck daran gearbeitet, diese baldmöglichst vollumfänglich in Betrieb zu nehmen», so der BfArM-Sprecher auf Anfrage der «Rheinischen Post».