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Italiener fehlen nach Unfall 39 Jahre seines Lebens

Ein Mann wacht im Krankenhaus auf und fühlt sich ins Jahr 1980 zurückversetzt. Große Teile seiner Erinnerung sind weg. An Handys, den Euro und andere Dinge muss er sich wieder gewöhnen.
Rettungsstelle im Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum
Beim Erwachen im Krankenhaus fühlte sich der Italiener d'Amano ins Jahr 1980 zurückversetzt. (Symbolbild) © Jens Kalaene/dpa

Die eigene Hochzeit, der 11. September, der Fall der Mauer, zwei Fußball-Weltmeisterschaften für Italien - alles vergessen: Dem heute 67-jährigen Italiener Luciano d'Adamo fehlt infolge eines Verkehrsunfalls nach eigenem Bekunden die Erinnerung an 39 Jahre seines Lebens. Durch den Unfall erlitt er nach Feststellung der Ärzte eine Amnesie - verlor also große Teile seines Gedächtnisses. Jetzt arbeitet er auch mit Hilfe von Psychologen daran, sich in seiner Umgebung wieder zurechtzufinden. An Handys, den Euro und andere Dinge musste er sich erst wieder gewöhnen.

D'Adamo wurde 2019 auf dem Heimweg von der Arbeit am Flughafen Rom, wo er zum Bodenpersonal gehörte, von einem Auto erfasst. Dabei verlor er das Bewusstsein. Beim Aufwachen im Krankenhaus kurz danach war er überzeugt davon, dass er sich im Jahr 1980 befindet, 24 Jahre alt ist und noch bei seinen Eltern lebt, wie er der Zeitung «Il Messaggero» berichtete. Weder seine Frau noch seinen Sohn erkannte er wieder. Als er sich zum ersten Mal im Spiegel sah - einen Mann mit weißen Haaren -, habe er aufgeschrien, erzählte der Römer dem Fernsehsender Rai.

Auch Frau und Sohn hielt er für Fremde

Im Krankenhaus bat er auch darum, seine Mutter zu informieren. Dann sei jedoch eine vermeintlich Fremde ins Zimmer gekommen. «Sie nannte mich Luciano. Und ich habe mich gefragt, woher sie meinen Namen kennt.» Das war seine Frau. Später habe sich ein 35-jähriger Mann vorgestellt - sein Sohn. D'Adamo erinnert sich an seine damaligen Gedanken so: «Wie kann ein Mann, der lange vor mir geboren wurde, mein Sohn sein? Und welche Frau denn? Ich war nicht verheiratet, aber verlobt, und zwar nicht mit dieser Frau, die fast 60 sein musste, sondern mit einem 19-jährigen Mädchen.»

Seither ist der Italiener darum bemüht, sein bisheriges Leben zu rekonstruieren, auch mit Hilfe von Familie und Freunden - was ihm allerdings große Mühe bereitet. Auch bei Fotos muss er oft passen. «Ab und zu treffe ich jemanden, der mich grüßt», berichtete er dem «Messaggero». «Das muss ein alter Freund sein. Aber ich weiß nicht, wer er ist. Also tue ich aus Höflichkeit so, als ob ich ihn erkenne und erwidere den Gruß.» 

Internet, Smartphone, Navi - alles neu

Den Ärzten zufolge, so die Zeitung, hat d'Adamo begriffen, dass er große Teile seines Lebens als Erwachsener nicht mehr zurückbekommen wird: «Er hat widerwillig akzeptiert, dass er kein Junge mehr ist, dass er nicht mehr wie früher die Treppe hochlaufen kann. Mit Intelligenz und viel gutem Willen hat er Stück für Stück gelernt, in einer völlig neuen Welt zu leben und zu arbeiten, die es zu entschlüsseln gilt.» Heute arbeitet er als Hausmeister in einer Schule. Seine Darstellungen werden für glaubwürdig gehalten.

Vieles sei nach dem Gedächtnisverlust neu für ihn gewesen, so d'Adamo: Internet, Smartphones oder auch Navigationsgeräte im Auto. «Ich erinnere mich noch an das Erstaunen, als ich in einem Auto fuhr, das mir auf einem Bildschirm den Stadtplan von Rom zeigte, während eine Stimme mir sagte, ich solle rechts abbiegen.»

Amnesie auch Thema in Literatur und Kino

Immer wieder kommt es vor, dass Menschen teilweise oder auch ganz ihr Gedächtnis verlieren. Manchmal fehlen nur bestimmte Ereignisse in der Erinnerung, manchmal viele Jahre. Gedächtnisverlust kann nach einem traumatischen Erlebnis wie einer Gewalttat, einem Unfall oder einem Schlaganfall eintreten. Auch dauerhafter Stress, Angst oder Depression können Auslöser sein. Besonders betroffen bei einer solchen psychogenen Amnesie ist das autobiografische Gedächtnis. Oft ist dies eine Schutzfunktion, die die belastende Erinnerung ausblendet.

Das Thema wurde vielfach in der Literatur und im Kino behandelt wie den Hollywood-Filmen «Memento» oder «Die Bourne Identität». Im deutschen Spielfilm «Good Bye, Lenin!» geht es um eine DDR-Bürgerin, die den Fall der Mauer verpasst, weil sie im Koma liegt, und dann im Glauben gelassen wird, dass die DDR weiter existiere.

© dpa ⁄ Christoph Sator, dpa
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