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Ein Ex-Soldat im Ausnahmezustand

Eine Zwangsräumung in einer kleinen Gemeinde eskaliert im Januar. Ein bewaffneter Ex-Soldat verschanzt sich über Stunden in seinem Elternhaus und tötet seine Katze. Das Urteil fällt dennoch milde aus.
Prozessauftakt gegen Ex-Soldaten aus Unterkirnach
Prozessauftakt gegen Ex-Soldaten aus Unterkirnach

Seine kranke Katze richtet er mit einem Kopfschuss nieder, danach verschanzt er sich in seinem Elternhaus mit Sprengstoff und Waffen, um eine Zwangsräumung zu verhindern: Ein Ex-Soldat ist zu einer einjährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden, weil er sich schwer bewaffnet in einem Haus verschanzt hat. 

Angeklagt wurde der 63-Jährige, weil er den öffentlichen Frieden bedroht, sich Vollstreckungsbeamten widersetzt, ein Explosionsverbrechen vorbereitet und gegen das Tierschutzgesetz verstoßen haben soll. Er wird nicht in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen.

«Habe Mist gebaut»

Angezweifelt wurden die Darstellungen der Geschehnisse vom 23. Januar in der kleinen Gemeinde Unterkirnach im Südschwarzwald von der Verteidigung nicht. Vor dem Amtsgericht in Villingen-Schwenningen gab es zu Prozessbeginn ein Geständnis: «Ich weiß, ich habe Mist gebaut, ich würde es nicht wieder machen. Aber es ist halt passiert», sagte der Sportschütze. 

Er sei fertig mit der Welt gewesen. Seine Eltern seien nach langer und aufwendiger Pflege in den vergangenen Jahren gestorben. Gesundheitliche und finanzielle Probleme hätten ihn in eine Lebenskrise gestürzt. Die drohende Zwangsräumung seines Elternhauses habe ihm den Rest gegeben. 

Laut Staatsanwaltschaft wollte der Mann das Anwesen, das nicht mehr in seinem Besitz stand, zerstören und sich dabei selbst das Leben nehmen. Er sei in einem psychischen Ausnahmezustand gewesen, habe Medikamente genommen und sei vermutlich nur eingeschränkt steuerungsfähig gewesen. Der Richter ordnete auch deshalb in seinem Urteil eine Therapie für den Angeklagten an - außerdem 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit und die Zahlung von 10.000 Euro an die Staatskasse. 

Gepanzerte Wagen und SEK

Seine Drohungen, das Haus und sich selbst in die Luft zu jagen, hätten massive Auswirkungen gehabt auf das Wohngebiet und auch auf den Steuerzahler, so der Richter. Nachbarn wurden in Sicherheit gebracht, es rückten auch schwer bewaffnete Spezialeinsatzkommandos (SEK) an, gepanzerte Fahrzeuge fuhren vor. Der Einsatz dauerte Stunden. 

Über ein Küchenfenster habe der Angeklagte den Einsatzkräften Sprengstoffproben gegeben, um die Ernsthaftigkeit seines Vorhabens zu untermauern, so die Ermittler. Die Verhandlungen mit dem «betont sachlichen» Ex-Soldaten dauerten laut Staatsanwaltschaft zwölf Stunden. Am Ende ergab er sich widerstandslos. 

Tote Katze war Hilferuf

Weil es nicht zum Äußersten gekommen war und der Angeklagte sich freiwillig ergab, sah die Staatsanwaltschaft vom Vorwurf der Vorbereitung eines Explosionsverbrechens wieder ab. Auch der Tod der Katze spielte vor Gericht keine Rolle mehr. «Die Katze war ein Hilferuf und kein Akt der Barbarei», sagte der Staatsanwalt am Rande der Verhandlung. 

Das Gericht folgte den Ausführungen und sprach den 63-Jährigen lediglich des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in einem besonders schweren Fall und der Bedrohung des öffentlichen Friedens schuldig. Die Bewährungsdauer wurde auf drei Jahre angesetzt. In der Zeit darf sich der Angeklagte nichts zuschulden kommen lassen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. 

Viele Waffen 

Die Liste der Waffen, die nach dem Einsatz im Haus gefunden wurden, ist lang - darunter laut Anklage 17 Übungsgranaten, drei elektrische Anzünder, 20 pyrotechnische Gegenstände, Schießpulver, Leuchtkörper. Zündvorrichtungen waren den Ermittlern nach am Boden und an Türrahmen angebracht, um Benzin bei Betreten durch Unbefugte zu entzünden. 

«Im Falle einer Zündung wäre das Gebäude komplett zerstört gewesen, und eventuell auch benachbarte Häuser», so der Staatsanwalt. Die Gasversorgung im Wohngebiet sei vorsorglich unterbrochen worden. 

Mit Waffen kannte sich der Angeklagte vor allem durch seine Zeit bei der Bundeswehr aus. Er sei Stabsoffizier gewesen, zuständig für Waffensicherung, berichtet der 63-Jährige vor Gericht. Für die Nato habe er auch inländische und ausländische Verbände geprüft. 

Danach habe er sich als IT-Dienstleister selbstständig gemacht. Er sei beruflich durch die aufwendige Pflege seiner Eltern eingeschränkt gewesen. «Alles ist auf mich eingebrochen.» Er habe viel früher um Hilfe bitten müssen. Aber das sei ihm sehr schwergefallen. «Ich bin ausgebildeter Einzelkämpfer. Ich habe dazu gelernt.»

 

© dpa ⁄ Aleksandra Bakmaz, dpa
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