Blutiges Ende von langen Streitereien: Ein Jahr nach der Ermordung von drei Nachbarn ist ein 65 Jahre alter Sportschütze vom Landgericht Augsburg zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die Strafkammer stellte auch die besondere Schwere der Schuld fest. Sollte das Urteil wegen dreifachen Mordes und zweifachen versuchten Mordes rechtskräftig werden, wäre somit die Freilassung des deutschen Staatsbürgers bereits nach 15 Jahren Gefängnis auf Bewährung erheblich erschwert.
Mit dem Schuldspruch folgte die Strafkammer dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Der Verteidiger kündigte hingegen umgehend einen Revisionsantrag beim Bundesgerichtshof an. Denn Rechtsanwalt Walter Rubach hatte eine maximal 15 Jahre lange Gefängnisstrafe beantragt, weil sein Mandant aufgrund einer psychischen Erkrankung vermindert schuldfähig sei. Dies hatte eine von der Verteidigung beauftragte Gutachterin bescheinigt.
Hintergrund der Bluttat mit einer Pistole waren wiederkehrende Auseinandersetzungen zwischen den Nachbarn in dem Mehrfamilienhaus in Langweid im Landkreis Augsburg. Der Angeklagte hatte nach den Ermittlungen am 28. Juli 2023 zwei Frauen und einen Mann mit Kopfschüssen innerhalb von nur 16 Sekunden getötet. Auslöser soll ein erneuter Streit mit üblen gegenseitigen Beschimpfungen zwischen dem Angeklagten und einem Nachbarn gewesen sein, in dessen Folge der Nachbar auch die Polizei alarmiert hatte.
Audioaufnahme dokumentierte Hinrichtung von drei Nachbarn im Treppenhaus
Da eines der Mordopfer an seinem Handy wenige Minuten vor der Bluttat eine Audioaufnahme aktiviert hatte, gibt es von dem grausigen Verbrechen ein exaktes Tondokument. Der 65-Jährige hatte demnach einem Paar aus der Nachbarschaft im Treppenhaus aufgelauert und die 49 und 52 Jahre Eheleute mit einer Pistole, die er legal besaß, quasi hingerichtet.
Danach soll er eine 72 Jahre alte Nachbarin durch deren Wohnungstür erschossen haben. Der Angeklagte soll gezielt im Bereich des Türspions gefeuert haben, weil er vermutete, dass die Frau wegen der Schüsse durch den Spion schaut - wie es tatsächlich auch war.
Danach fuhr der Mann zu dem Wohnhaus von zwei Angehörigen der getöteten Rentnerin und verletzte auch diese durch weitere Schüsse durch deren Wohnungstür schwer. Beide leiden bis heute insbesondere psychisch unter der Bluttat.
Gericht sieht Selbstjustiz als Motiv und verordnet Denkpause
Nach Überzeugung der Strafkammer handelte der Angeklagte aus Wut auf die Nachbarn, aus Hass und Rache. Er habe im Haus aufräumen wollen. «Eigentlich war es das Motiv der Selbstjustiz», sagte der Vorsitzende Richter Michael Eberle. Der Sportschütze habe über die anderen Hausbewohner ein Todesurteil gesprochen und dieses gleich vollstreckt.
Nach dem Schuldspruch gab Eberle dem Angeklagten noch einmal 15 Minuten Zeit, um über die sofortige Annahme des Urteils nachzudenken - ein höchst ungewöhnliches Vorgehen. So könne der Mann vielleicht noch einmal das Bild, das die Menschen von ihm hätten, etwas korrigieren, meinte der Richter. Doch Verteidiger Rubach gab nach der Viertelstunde zu Protokoll, dass sein Mandant das Urteil nicht akzeptiere. «Sowas habe ich in 45 Jahren nicht erlebt», kommentierte der erfahrene Strafverteidiger später die finale Denkpause.
Die Urteilsbegründung hatte der Angeklagte zumeist mit sturem Blick nach vorn verfolgt, weitgehend emotionslos, wie er an den meisten Tagen der Verhandlung auf der Anklagebank saß. Er hatte behauptet, dass er sich an die Tat nicht mehr erinnern könne. Das Gericht glaubte dies allerdings nicht.
Tat löste neue Diskussion ums Waffenrecht aus
Das Verbrechen hatte vor einem Jahr auch wieder eine Diskussion über das Waffenrecht ausgelöst. Der Angeklagte besaß seit Jahrzehnten als Sportschütze eine Waffenerlaubnis, die Tatwaffe hatte er fast ein Vierteljahrhundert in seinem Besitz. Das Landratsamt Augsburg betonte, dass der Mann von der Waffenbehörde regelmäßig und ohne Auffälligkeiten kontrolliert worden sei.
Landrat Martin Sailer (CSU) zeigte Verständnis für die erneute Diskussion ums Waffenrecht. Er betonte wenige Tage nach der Tat: «Wir als Rechtsaufsichtsbehörde sind dafür allerdings nicht zuständig, das ist rein eine politische Entscheidung.»