Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband verteidigt die telefonische Krankschreibung gegen Kritik von Arbeitgeberseite. «Die Einführung der Telefon-AU war aus medizinischer Sicht sinnvoll und ist bisher eine der ganz wenigen erfolgreichen politischen Maßnahmen zur Entbürokratisierung des Gesundheitswesens», sagte die Co-Vorsitzende des Verbandes, Nicola Buhlinger-Göpfarth, der «Rheinischen Post».
Dies jetzt abzuschaffen, gefährde die Patientenversorgung in den kommenden Monaten mit zahlreichen Infektionserkrankungen. «Unsere Praxen haben definitiv nicht die Kapazitäten, die Folgen irgendwelcher Scheinlösungen einzelner Politiker auszubaden», sagte die Medizinerin. «Die Unterstellungen, dass sich die Menschen mithilfe der Telefon-AU einen schlanken Fuß machen, können wir aus unserer täglichen Arbeit nicht bestätigen.»
Die Möglichkeit, sich per Telefon krankschreiben zu lassen, war in der Corona-Pandemie eingeführt worden. Im Dezember 2023 beschloss der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken eine dauerhafte Regelung. Patientinnen und Patienten können sich dann telefonisch krankschreiben lassen, wenn sie in der Praxis bekannt sind und keine schweren Symptome haben. Im Zuge ihrer Wachstumsinitiative für die Wirtschaft hat die Bundesregierung wegen des erhöhten Krankenstands eine Überprüfung der Maßnahme vereinbart.
Arbeitgeber vs. Ärzteschaft
Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte unlängst gesagt: «Man wird für die Krankmeldung zukünftig wieder zum Arzt gehen müssen und das nicht einfach nur telefonisch erledigen können.» Er wolle niemandem vorwerfen, die Regelung auszunutzen. Es gebe aber leider «eine Korrelation zwischen dem jährlichen Krankenstand in Deutschland und der Einführung der Maßnahme, die als guter Bürokratieabbau gedacht war». Auch die Bundesvereinigung der Arbeitgeber (BDA) fordert eine Abschaffung der Telefon-AU. «Lasst uns zurückkehren zum bewährten Verfahren», sagte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter der «Rheinischen Post».
Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, sprang hingegen den Hausärzten bei. «Ich bin sehr dafür, dass die telefonische Krankschreibung erhalten bleibt», sagte Reinhardt dem Bayerischen Rundfunk. Er halte es «nicht für klug, das wieder abzuschaffen». Der Ärztekammerpräsident begründet seine Ansicht mit dem hohen Mehraufwand für die Praxen. Einen Zusammenhang zwischen hohen Krankenständen und der erleichterten Möglichkeit, sich krankschreiben zu lassen sieht, sieht Reinhardt nicht: «Nein, den gibt es für mich definitiv nicht.»