Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat nach einer Störaktion gegen Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) vor weiteren Angriffen auf Politikerinnen und Politiker gewarnt.
«Solche Einschüchterungsversuche haben nichts mehr mit demokratischem Protest zu tun», schrieb Faeser in der Plattform X (früher Twitter). «Wir sollten nie vergessen, wo politische Aggression hinführen kann. Der zunehmenden Verrohung müssen sich alle Demokraten entgegenstellen.» Demonstranten hatten das Auto der Grünen-Politikerin nach einer Veranstaltung am Samstag in Ostbrandenburg bedrängt und sie an der Abfahrt gehindert.
Rund 40 bis 50 Demonstranten hatten sich vor dem Veranstaltungssaal versammelt, teilte das Büro von Göring-Eckardt der «Bild»-Zeitung mit. Nach dem Ende der Veranstaltung sei die Bundestagsvizepräsidentin auf dem Rückweg zu ihrem Fahrzeug bedrängt worden. Erst als die Polizei Verstärkung gerufen habe, sei die Abfahrt nach 45 Minuten ermöglicht worden. Die Polizei berichtete, dass sich ein 19- und ein 26-jähriger Mann vor und hinter den Dienstwagen gesetzt und die Abfahrt verhindert hätten. Die «Märkische Oderzeitung» hatte ebenfalls über den Vorfall berichtet.
Ermittlungsverfahren wegen Nötigung
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) führt nach Angaben einer Sprecherin wegen der Blockade ein Ermittlungsverfahren wegen Nötigung gegen zwei Beschuldigte. Beide hätten sich so vor und hinter dem Fahrzeug platziert, dass es für geraume Zeit an der Abfahrt gehindert gewesen sei. Zu den näheren Umständen liefen ebenso Ermittlungen wie zur Behauptung eines Beschuldigten, er sei von dem Fahrzeug touchiert worden.
Die Grünen-Politikerin forderte einen besseren Schutz. «Die Landespolizeien müssen sich dringend Gedanken darüber machen, wie sie politische Veranstaltungen auf dem Land absichern, und sich auf einheitliche Kriterien verständigen, welche Standards sie dabei eigentlich anwenden», sagte Göring-Eckardt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). «Dieser Vorfall war ja keine Ausnahme.» Dem «Stern» sagte sie: «Da braucht es auch ein stärkeres Bewusstsein der Sicherheitsbehörden.»
Erinnerungen an Habeck
Im Januar hatten Bauern Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen nach seiner Rückkehr von einer Privatreise an der Nordseeküste daran gehindert, eine Fähre zu verlassen. Die Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang war beim Politischen Aschermittwoch in Schorndorf bei Stuttgart ausgepfiffen, beschimpft und an der Abreise gehindert worden.
Aus SPD und Union kam Solidarität mit Göring-Eckardt. «Es gehört leider mittlerweile zum Alltag, dass Politikerinnen und Politiker in unserem Land bedrängt, bedroht und beschimpft werden. Auf der Straße und im Netz», sagte die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, dem «Spiegel». Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Thorsten Frei, sagte der «Rheinischen Post»: «Die Bundestagsvizepräsidentin zu bedrohen und einzuschüchtern, ist absolut inakzeptabel.»
Die Brandenburger Grünen verurteilten den Angriff und kritisierten die örtliche Polizei. Es müsse geklärt werden, warum die Veranstaltung während der kritischsten Phase nur von zwei Beamtinnen und Beamten geschützt worden sei, sagte Landeschefin Alexandra Pichl.