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Russischer Raketenangriff trifft Kinderklinik in Kiew

Explosionen und Rauch über vielen ukrainischen Städten - Moskau hat einen der größten Luftangriffe des Krieges geflogen. In Kiew werden hilflose kranke Kinder zu Opfern.
Ukraine-Krieg - Kiew
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Einen Tag vor dem Nato-Gipfel in Washington sterben bei russischen Raketenangriffen auf die Ukraine fast 40 Menschen. Eine Kinderklinik in Kiew wird schwer beschädigt. In der Hauptstadt wurden nach Angaben der Militärverwaltung mindestens 27 Menschen getötet und 82 weitere Menschen verletzt. In den Industriestädten Krywyj Rih und Dnipro im Süden der Ukraine wurden mindestens 11 Tote und 59 Verletzte gemeldet. 

Fassungslosigkeit löste der Treffer auf eine der größten ukrainischen Kinderkliniken in Kiew aus. Präsident Wolodymyr Selenskyj veröffentlichte im sozialen Netzwerk X ein Video, das zerstörte Krankenzimmer und Blutspuren auf dem Fußboden zeigt. «Russland kann sich nicht unwissend stellen, wohin seine Raketen fliegen, und muss für alle seine Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden», schrieb der Präsident. 

Bürgermeister Vitali Klitschko sprach von 16 Verletzten in dem Krankenhaus, unter ihnen 7 Kinder. Zwei der Verletzten starben demnach. Laut Gesundheitsminister Wiktor Ljaschko wurden in dem Kinderkrankenhaus Abteilungen für Dialyse, Krebsbehandlung, Operationssäle und die Intensivstation beschädigt. 

Hunderte Anwohner halfen Rettungskräften, Trümmer zu räumen und nach Opfern zu suchen. «Kleine Krebs- und Dialysepatienten sitzen mit ihren Müttern auf dem Bürgersteig», berichtete der deutsche Botschafter Martin Jäger auf X von einem Besuch am Krankenhaus. 

Das russische Verteidigungsministerium bestätigte Raketenangriffe, die angeblich Rüstungsfabriken und Militärflugplätzen der Ukraine galten. Die vielen Videobilder aus Kiew belegten, dass die Schäden durch eine ukrainische Flugabwehrrakete verursacht worden seien, hieß es ohne Beleg. 

Die Erschütterung der Ukrainer über den Angriff tat das Moskauer Militär als «Hysterie des Kiewer Regimes» ab, wie sie sich immer wieder vor Zusammenkünften der Nato zeige. Ukrainischen Berichten zufolge wurde noch ein zweites Krankenhaus in der Hauptstadt auf der anderen Seite des Dnipro beschädigt.

Ukraine vermutet gezielten Angriff auf Krankenhaus

Selenskyj wies die russischen Behauptungen zu einem Fehler der Flugabwehr zurück. «Was für ein Zynismus, den die Mistkerle im Kreml an den Tag legten, dass es angeblich die ukrainische Flugabwehr und kein gezielter Raketenschlag war», sagte er auf einer Pressekonferenz mit dem polnischen Regierungschef Donald Tusk in Warschau. 

Selenskyj dankte allen, die Videos ins Internet gestellt haben, «auf denen konkret zu sehen ist, dass es nicht nur ein Teil der einen oder anderen Rakete ist, sondern ein direkter Raketenschlag ist, mit dem viele Menschen getötet und verletzt wurden».

Der private Stromversorger DTEK berichtete von Schäden an drei Trafostationen in der Hauptstadt. Neben Dnipro und Krywyh Rih wurden auch die frontnahen Städte Slowjansk und Kramatorsk im ostukrainischen Gebiet Donezk zu Zielen. Angaben zu Treffern auf militärische Ziele oder Rüstungsfabriken wurden nicht gemacht.

Russland setzte mehrere Dutzend Raketen ein 

Das russische Militär setzte bei dem Angriff Selenskyjs Angaben zufolge mehr als 40 Raketen ein. Ungewöhnlich war, dass die schwere Attacke tagsüber stattfand am Beginn der Arbeitswoche. Die ukrainische Luftwaffe berichtete von 38 Raketen und Marschflugkörpern verschiedener Typen, von denen 30 abgefangen worden seien. Schon in der Nacht hatte es Luftangriffe mit Drohnen, Marschflugkörpern und Raketen gegeben. 

Die Ukraine verteidigt sich seit mehr als zwei Jahren gegen die russische Invasion mit westlicher Hilfe und drängt immer wieder auf die Bereitstellung moderner Flugabwehrsysteme. 

Nach jüngsten Angaben hat die Ukraine vier der besonders leistungsfähigen Patriot-Systeme aus US-Produktion erhalten, braucht aber nach eigener Einschätzung viel mehr. Ein weiteres Patriot-System soll aus den Niederlanden kommen, wie Außenminister Caspar Veldkamp und Verteidigungsminister Ruben Brekelmanns von der neuen Regierung bei einem Besuch in der Ukraine bekräftigen. Rumänien stellt eine weitere Anlage in Aussicht.

Kiewer Hoffnungen vor Nato-Gipfel 

Kiew hofft zudem auf weitere Zusagen beim Nato-Gipfel, der am Dienstag in Washington beginnt. Unter anderem sind bis zu sechs Patriot-Systeme aus Israel im Gespräch. «Wir brauchen Mittel, um unsere Menschen zu schützen», sagte Selenskyjs Stabschef Andrij Jermak in einer Online-Pressekonferenz. Er gehe davon aus, dass Russland gezielt vor dem Nato-Gipfel angegriffen habe. 

Die Frage der Unterstützung für die Ukraine ist ein zentrales Thema beim Treffen des westlichen Verteidigungsbündnisses, das seit 75 Jahren besteht. Zum Schutz vor Russland hofft die Ukraine auf eine Mitgliedschaft. Dazu werden aber keine neuen Schritte erwartet.

Sicherheitsabkommen zwischen Ukraine und Polen

Selenskyj traf auf dem Weg in die USA zunächst in Warschau ein. Mit Ministerpräsident Tusk unterzeichnete er ein Sicherheitsabkommen zwischen Polen und der Ukraine. «Wer heute die Ukraine verteidigt, verteidigt auch sich selbst», sagte Tusk. Der ukrainische Präsident sagte, man wolle einen Mechanismus ausarbeiten, um von Polen aus russische Raketen und Drohnen über der Ukraine abzuschießen, die dicht an Polen herankommen.

Orban auf selbsterdachter Friedensmission

Als selbst ernannter Vermittler führte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban nach Besuchen in Kiew und Moskau Gespräche auch in Peking. Auf X sprach er von der 3. Stufe seiner Mission. Auch wenn Ungarn derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, wird die Mission in Brüssel als nicht abgesprochen kritisiert und als Orbans Privatinitiative gesehen. 

Präsident Putin übergebe durch Orban keine Botschaft an US-Präsident Joe Biden oder den Nato-Gipfel, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau. Kiew wolle gutnachbarliche Beziehungen mit Ungarn, sagte Stabschef Jermak. Die Ukraine brauche aber keine Vermittler. Nötig sei ein Plan, wie der Krieg beendet werden könne. Grundlage dafür seien Selenskyjs international weithin anerkannte Vorschläge. 

In Moskau traf unterdessen der indische Premierminister Narendra Modi zu Gesprächen mit Putin auch über den Krieg ein. Die Rohstoffgroßmacht Russland ist für Indien ein wichtiger Energielieferant. Durch die Einnahmen aus dem Verkauf von russischem Öl, das Indien angesichts des westlichen Embargos gegen Moskau mit Rabatten erhält, kann Putin auch seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine weiter finanzieren.

© dpa
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