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Biden gesteht Fehler ein - TV-Interview als Bewährungsprobe

Kann Biden ohne Teleprompter im Fernsehen bestehen? Der 81-Jährige will bei einem TV-Interview zeigen, wie fit er ist. Doch hinter den Kulissen soll der Demokrat über Erschöpfung sprechen.
Ehrenmedaille in den USA - Biden
Biden gesteht ein, dass er beim TV-Duell gegen Trump versagt hat. © Susan Walsh/AP

US-Präsident Joe Biden kämpft nach seinem TV-Debakel gegen Herausforderer Donald Trump an allen Fronten, um seine Kandidatur zu retten. «Ich hatte einen schlechten Abend. Und Tatsache ist, dass ich es vermasselt habe, dass ich einen Fehler gemacht habe», sagte der Demokrat in einem Radiointerview. Er habe aber von seinem Vater gelernt, dass man immer wieder aufstehen müsse, so der 81-Jährige. 90 Minuten auf einer TV-Bühne seien nichts im Vergleich zu dem, was er in den vergangenen dreieinhalb Jahren geleistet habe. 

US-Medien berichten, dass Biden allerdings hinter verschlossenen Türen Müdigkeit eingestanden habe und deshalb seine Abendtermine beschränken wolle. Der Demokrat versucht aktuell, seine Kritiker in der Partei zu beschwichtigen. Berichte über einen müden Präsidenten dürften dabei kaum hilfreich sein. Die größte Bewährungsprobe wird für ihn nun wohl ein geplantes TV-Interview.

TV-Interview als Feuerprobe

Biden will dem US-Sender ABC am Freitag ein Interview geben, dass dann zur besten Sendezeit (2.00 Uhr in der deutschen Nacht zum Samstag) ausgestrahlt werden soll. Das Gespräch soll voraussichtlich tagsüber aufgezeichnet werden. 

Der Interviewer George Stephanopoulos ist langjähriges Gesicht des Senders. In den 1990er Jahren arbeitete er für den damaligen demokratischen Präsidenten Bill Clinton. Biden gibt selten TV-Interviews. Dass er sich dazu nun genötigt sieht, zeigt, wie ernst die Lage ist. Bidens Auftritt dürfte entscheidend dazu beitragen, ob die Zweifler in seiner Partei verstummen oder noch an Auftrieb gewinnen. 

Biden will sich bei der US-Wahl im November eine zweite Amtszeit sichern und den Wiedereinzug von Trump ins Weiße Haus verhindern. Nach seinem desaströsen Auftritt bei der TV-Debatte vor einem Millionenpublikum muss sich der 81-Jährige allerdings die Frage gefallen lassen, ob er noch der richtige Kandidat ist - oder besser Platz für eine jüngere Alternative machen sollte. 

In der Demokratischen Partei brodelt es, anfangs nur hinter den Kulissen. Schließlich meldeten sich Kritiker aber auch öffentlich zu Wort. Biden griff schließlich für Krisengespräche selbst zum Hörer und sprach mit den Parteispitzen. Er schaltete sich auch mit mehr als 20 demokratischen Gouverneuren bei einem Treffen im Weißen Haus sowie per Internet und Telefon zusammen, um sich Unterstützung zu sichern. 

Bidens Gesundheit im Fokus

Biden sagte den Gouverneurinnen und Gouverneuren laut «New York Times» und dem Sender CNN, dass er mehr schlafen und weniger arbeiten müsse. Das bedeute auch, Veranstaltungen nach 20.00 Uhr zu beschränken, so die Medien unter Berufung auf nicht namentlich genannte Quellen. Gleichzeitig habe er deutlich gemacht, im Rennen bleiben zu wollen. CNN schreibt, dass die Äußerungen einige der Gouverneure frustriert hätten. 

Biden gab bei dem Termin Berichten zufolge außerdem an, dass er sich nach dem TV-Debakel einer medizinischen Untersuchung unterzogen habe und es ihm gut gehe. Stunden zuvor klang das bei Bidens Sprecherin Karine Jean-Pierre noch etwas anders. «Er hat sich nicht vom Arzt untersuchen lassen. Es ist eine Erkältung, Leute. Es ist eine Erkältung», sagte sie. 

Biden sprach bei der Debatte mit rauer Stimme und wirkte heiser. Im Anschluss sagte er, dass er eine Erkältung gehabt habe. Er versuchte seinen desaströsen Auftritt, bei dem er sich häufig versprach und den Faden verlor, auch mit Stress wegen langer Auslandsreisen vor der Debatte zu erklären. 

Den Unabhängigkeitstag, der in den USA traditionell am 4. Juli gefeiert wird, verbrachte Biden mit seiner Familie im Weißen Haus. Am Abend (2.00 Uhr deutscher Zeit in der Nacht zum Freitag) will Biden seine traditionelle Ansprache anlässlich des Feiertags halten. 

Auch hier dürften wieder alle Augen auf den 81-Jährigen gerichtet sein. Bei derartigen Ansprachen beantwortet Biden aber in der Regel keine Fragen und liest seine Rede vom Teleprompter ab. Damit sinkt die Chance für verbale Ausrutscher. 

Trump hält sich bedeckt

Biden konzentriert sich im Wahlkampf weiter auf Attacken gegen seinen politischen Gegner, den 78 Jahre alten Trump. «Wir können und dürfen diesen Kerl nicht gewinnen lassen», warnte er in dem Radiointerview mit einem Lokalsender des US-Bundesstaats Wisconsin. 

Trump blieb in den vergangenen Tagen auffällig still. Sein Vorgehen dürfte strategisch sein, schließlich diskutiert das ganze Land gerade, ob Biden für das Präsidentenamt geeignet ist. Berichten zufolge hoffen Republikaner aber darauf, dass Biden im Rennen bleibt, weil das aus ihrer Sicht die Chancen für einen Trump-Sieg bei der Wahl im November erhöhen dürfte. 

In den vergangenen Wochen lieferten sich Trump und Biden in den Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Der Republikaner lag stets ein bis zwei Prozentpunkte vorn - trotz seiner Skandale und der Verurteilung in einem New Yorker Strafprozess. 

Seit der Fernsehdebatte konnte Trump seinen Vorsprung in der Wählergunst jedoch signifikant ausbauen, wie aktuelle Umfragen zeigen. Bei den Demokraten steigert das die Nervosität - und offenbar auch die Bereitschaft, über einen anderen Kandidaten nachzudenken. Dabei richtet sich der Fokus zunehmend auf Bidens Stellvertreterin Kamala Harris. 

Biden hat sich Kandidatur bei Vorwahlen gesichert

Die Demokraten küren ihren Präsidentschaftskandidaten offiziell während eines Parteitags im August in Chicago. Biden hat bei den Vorwahlen bereits die nötigen Delegiertenstimmen gesammelt, er hat die Kandidatur damit eigentlich sicher. Er hatte dabei keine ernstzunehmende Konkurrenz und galt von Anfang an als gesetzt. 

Deshalb kann auch nur Biden selbst entscheiden, das Handtuch zu werfen. Beobachter gehen davon aus, dass der Demokrat, sollte er wirklich aus dem Rennen aussteigen, bis zum letzten Moment kein Anzeichen von Schwäche zeigen werde, da dies für die Umfragen verheerend wäre. 

 

© dpa
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