Israels Armee hat nach eigenen Angaben während eines Einsatzes im Gazastreifen mehrere Leichen gefunden. «Zu diesem Zeitpunkt sind die Truppen noch in dem Gebiet im Einsatz und führen ein Verfahren zur Bergung und Identifizierung der Leichen durch, das mehrere Stunden dauern wird», teilte das Militär in den sozialen Medien mit.
Es war zunächst unklar, ob es sich um die Leichen von israelischen Geiseln handelt. Die Armee rief die Öffentlichkeit in einer Mitteilung auf, auf die Verbreitung von Gerüchten zu verzichten. Zuvor gab es in den sozialen Medien Gerüchte über den Fund von Geiseln.
Angehörige von Geiseln gehen erneut auf die Straße
Tausende Menschen hatten am Abend in Tel Aviv und anderen Orten in Israel für ein Abkommen zur Freilassung der Geiseln aus der Gewalt der islamistischen Hamas und für Neuwahlen demonstriert. Nach Bekanntwerden des Leichen-Fundes teilten Vertreter der Geiseln Medien zufolge mit: «Netanjahu hat die Geiseln im Stich gelassen. Ab morgen wird das Land beben, die Öffentlichkeit ist aufgerufen, sich vorzubereiten.»
Angehörige der Geiseln kritisierten Ministerpräsident Benjamin Netanjahu während einer Versammlung vor dem Hauptquartier der israelischen Armee in Tel Aviv scharf. «Netanjahu und seine Partner im Kabinett haben beschlossen, das Abkommen über die Waffenruhe für den Philadelphi-Korridor zu torpedieren, und verurteilen die Geiseln damit wissentlich zum Tod», hieß es in einer von den Angehörigen verlesenen Erklärung.
Vermittlungsgespräche bisher ohne Durchbruch
Die Vermittlungsgespräche der USA, Ägyptens und Katars in Kairo zwischen Israel und der islamistischen Hamas sind seit einiger Zeit festgefahren. Hauptstreitpunkt ist die Frage, wie lange israelische Truppen im Gazastreifen insbesondere im Philadelphi-Korridor an der Grenze zu Ägypten stationiert bleiben dürfen. Israels Sicherheitskabinett beschloss kürzlich, an der Kontrolle über die Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten festzuhalten.
Kritiker - unter ihnen Verteidigungsminister Joav Galant - fürchten, das Festhalten könne die Befreiung der Geiseln verhindern, da die Hamas der israelischen Kontrolle des Philadelphi-Korridors nicht zustimmen wird. Galant kritisierte Netanjahu während der Sitzung.
Die Mutter einer Hamas-Geisel bezeichnete Netanjahus Festhalten an der Kontrolle des Philadelphi-Korridors als «Verbrechen gegen das Volk, gegen den Staat Israel und gegen den Zionismus». «Netanjahu ist nicht Mister Sicherheit, sondern Mister Tod», sagte sie. Netanjahu hatte sich oft als Mister Sicherheit bezeichnet, der im Gegensatz zu seinen politischen Gegnern als einziger für die Sicherheit Israels sorgen könne.