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Toxische Beziehungsmuster erkennen und überwinden

Manipulationen, Demütigungen und Co.: Oft heißt es, daran erkenne man eine toxische Beziehung. Doch was sind tatsächlich Anzeichen? Wie kommt man raus? Und warum ist der Begriff auch umstritten?
Eine Frau umarmt nachdenklichem Mann
Bindungsängstliche Menschen und jene, die Angst haben, verlassen zu werden, ziehen sich häufig an. Da hilft es, zunächst sein eigenes Bindungsmuster zu erkennen. © Albert Martínez/Westend61/dpa-tmn

«Toxische Beziehung»: Auf Plattformen wie TikTok oder Instagram gibt es zahlreiche Videos, die mit dem Schlagwort arbeiten. Sie versprechen Infos dazu, wie man eine solche Beziehung erkennt - geben Tipps, um sich daraus zu lösen. Mehr oder weniger seriös.

Toxisch kommt vom Lateinischen toxicum, «Gift». Was macht eine Beziehung «giftig»? Meist ist von «toxischen» Beziehungen die Rede, wenn ein Partner das Gefühl hat, die Beziehung und der Partner tun ihm nicht gut und darunter leidet - und womöglich hofft, dass der andere sich und sein Verhalten ändert. 

Aber: «Der sogenannte toxische Partner ist ja an Veränderung nicht interessiert, das ist ja, was ihn oder sie so toxisch macht», sagt der Paartherapeut Eric Hegmann. Daher sei der erste Schritt, zu akzeptieren, dass man den Partner nicht gegen seinen Willen ändern kann - und selbst Veränderungen vornehmen muss. Dafür sollte man nicht auf den Partner schauen, sondern auf sich selbst. Was brauche ich, um Veränderungen zu ermöglichen? Ohne darauf zu warten, dass sich der Partner ändert.

Das kann auch mit professioneller Unterstützung geschehen. Die Paartherapeutin Diana Boettcher erklärt, dass etwa in der emotionsfokussierten Therapie nicht von «toxischen», sondern von Beziehungen mit unsicheren Bindungsmustern gesprochen wird. Woran lassen sie sich erkennen?

Anzeichen für eine Beziehung mit unsicheren Bindungsmustern 

Manipulation gilt als alarmierendes Zeichen in Beziehungen, ebenso das Fehlen oder die Verweigerung einer emotionalen Bindung durch einen oder beide Partner. Und schließlich: «Psychische und physische Gewalt sind immer alarmierend und ein Signal, umgehend für Sicherheit zu sorgen, für sich, vielleicht auch für Kinder», betont Hegmann.

In Konfliktsituationen kann es bei Beziehungen mit unsicheren Bindungsmustern zu aggressiven Angriffen und verbalen Ausfällen eines Partners kommen, während der andere entweder kontert oder sich zurückzieht und die Situation komplett ablehnt, so Boettcher.

Und es gibt auch bestimmte Verhaltensweisen, die außerhalb von Konflikt und Eskalation stattfinden. Zum Beispiel, wenn man mit schwierigen Gefühlen zu kämpfen hat, aber nicht das Vertrauen, damit zum Partner zu gehen - und die Sache dann eher für sich behält. Diese Zurückhaltung kann laut Boettcher zu emotionaler Distanz und schleichender Disharmonie führen, da man sich verschließt und nonverbal distanziert, was die Beziehung belastet.

In solchen Beziehungen kommt es zudem oft dazu, dass die Partner unzufrieden sind - sowohl mit sich selbst als auch mit dem anderen. Sie ertragen laut Hegmann oft Dinge, die sie sich vorgenommen haben, niemals zu ertragen. Das führt zu permanentem Stress und Stressreaktionen wie Angriff, Verteidigung, Abwertung und Rückzug, was wiederum Stressreaktionen beim anderen hervorruft. Ein Teufelskreis. 

Boettcher hat beobachtet, dass sich bindungsängstliche und Menschen, die Angst haben, verlassen zu werden, oft gegenseitig anziehen. Während die eine Person sich zurückzieht, neigt die andere dazu, aktiv zu werden und den Partner unter Druck zu setzen. Hier hilft es, zunächst in einem ersten Schritt erkennen, welches das eigene Bindungsmuster ist, um bestimmten Verhaltensweisen entgegenzuwirken. 

Selbstreflexion, Selbstkritik und gemeinsames Engagement sind entscheidend

Der Blick auf das eigene Bindungsverhalten und Selbstreflexion sind auch entscheidend, wenn man sich entschließt, gemeinsam an der Beziehung zu arbeiten. Denn Paaren fällt es oft schwer, allein aus solchen Mustern herauszukommen. Sie neigen dazu, Fehler beim Partner zu suchen und zu analysieren.

In der Paartherapie geht es in solchen Beziehungen darum, gemeinsam mit den Partnern herauszufinden, ob die Beziehung verbessert werden kann und welche Veränderungen nötig sind. Ein erster Schritt wäre es dann, über die eigenen Ängste zu sprechen, die Ängste des Partners in Bezug auf Bindungen anzuerkennen und ernst zu nehmen, ohne sie infrage zu stellen. Diese Ängste wurzeln laut Boettcher oft in vergangenen Bindungserfahrungen und können in Konfliktsituationen stark belasten, da sie eine grundlegende Unsicherheit hervorrufen.

All das ist allerdings nur wirksam, wenn beide Partner bereit sind, Veränderungen in der Beziehung anzustreben. 

Loslassen, wenn nicht beide daran arbeiten wollen

Ein Ziel kann daher auch sein, sich aus einer belastenden Beziehung lösen wollen. Hier können Experten Betroffene dabei unterstützen, herauszufinden, wie sie Grenzen setzen können und welche Schritte nötig sind, um sich zu befreien.

«Leider ist niemand gegen bewusst manipulative und missbräuchliche Partner geschützt», so Hegmann. Dennoch neigen manche Menschen eher dazu, in solchen Beziehungen zu verharren als andere. Dann ist es ratsam, Hilfe von außen in Anspruch zu nehmen.

Denn emotionale Abhängigkeit resultiert oft aus unsicheren Bindungsmustern, die laut Boettcher allein schwer zu bewältigen sind: «Wir brauchen ein Supportsystem. Wir Menschen sind nicht dafür konstruiert, allein durch die schwierigsten Situationen im Leben zu gehen - schon gar nicht in schwierigen Beziehungsdynamiken.»

Übrigens: Wie Boettcher rät auch Hegmann von der Verwendung des Begriffs «toxische Beziehungen» ab, denn diese Kategorisierungen in der Psychologie führten dazu, Menschen in Schubladen zu stecken. Das wiederum könne Schuld- und Schamgefühle bei betroffenen Personen verstärken und sie davon abhalten, sich Hilfe zu suchen.

© dpa ⁄ Elena Hartmann, dpa
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