Liam Lawsons Erleichterung nach einer Achterbahnfahrt in den vergangenen zwölf Monaten sehnt auch Mick Schumacher herbei. Endlich (wieder) Stammpilot in der Formel 1 - für den 22 Jahre alten Neuseeländer Lawson ist das im Schwester-Team von Red Bull Realität, für den drei Jahre älteren Deutschen vorerst weiter nur ein Traum.
Was noch entscheidender ist: Lawson fährt an den finalen sechs Grand-Prix-Wochenenden gleich um die mögliche Beförderung ins Weltmeister-Team. Es wäre ein Weg, den vor ihm schon zwei Fahrer gingen, die bei Red Bull eine Ära geprägt haben: Nach der Saison 2008 stieg Sebastian Vettel vom damaligen Toro-Rosso-Team auf und feierte von 2010 bis einschließlich 2013 vier Fahrer-Titel mit Red Bull. Mitten in der Saison 2016 beorderten die Red-Bull-Bosse Max Verstappen ins A-Team des österreichischen Konzerns.
Der Rest ist Formel-1-Historie: Nach den Titeln 2021, 2022 und 2023 will und kann Verstappen in diesem Jahr mit Vettel nach WM-Erfolgen gleichziehen. Da die Zukunft von Kollege Sergio Pérez aber ungewiss ist, kann sich Lawson im internen Racing-Bulls-Duell mit dem Japaner Yuki Tsunoda sogar Hoffnungen machen, 2025 an der Seite Verstappens zu fahren. Und das alles auch, weil Lawson seine Chance schon im vergangenen Jahr nutzte und als Ersatz für den damals verletzten Daniel Ricciardo bei seinen fünf Einsätzen überzeugen konnte.
Gehandelt wurde er schnell auch als kommender Red-Bull-Pilot, gedulden musste er sich dennoch. «Das kann dich ganz schön mitnehmen», sagte er. «Es geht vor und wieder zurück, es sieht mal gut aus, dann wieder nicht.» Kurzum: «Eine Achterbahn.»
Dazu passt, dass er nach dem Bekanntwerden seines Engagements für Publikumsliebling Daniel Ricciardo auch Hasskommentare in den sozialen Netzwerken über sich ergehen lassen musste und bei seiner Rückkehr ins Cockpit gleich mal eine Startplatzstrafe wegen eines Motorenwechsels hinnehmen muss.
Die große Frage ist: Was macht Audi?
Wenn einer weiß, wie sich Rückschläge anfühlen, dann Mick Schumacher. An diesem Wochenende wird er in Austin beim Großen Preis der USA auch wieder vor Ort sein - aber eben nur als Ersatzpilot. Dass es immerhin für den ehemaligen Branchenführer Mercedes ist, ist ein kleiner Trost. Doch im Kampf um die Rückkehr in ein Stammcockpit kann der Sohn von Rekordweltmeister Michael Schumacher von einem Top-Team erst recht nur träumen.
Was Mick Schumacher bleibt, nachdem während der Saison ein Engagement für den geschassten erfolglosen Amerikaner Logan Sergeant auch bei Mercedes-Partner Williams nicht zustande kam und dort stattdessen der Argentinier Franco Colapinto einen starken Formel-1-Einstieg feierte, ist die Hoffnung auf den immer noch nicht vergebenen Platz im kommenden Jahr beim designierten Audi-Rennstall. Sprich bei Sauber, dem Letzten in der Konstrukteurswertung, dem einzigen Team, das auch nach 18 Rennen nicht mal einen Punkt holte und bei dem schnelle Besserung nicht in Sicht ist.
Einem Bericht der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» zufolge, soll die Entscheidung in diesem Monat fallen. So viel Aufsehen um ein Cockpit beim schlechtesten Team gab es eher selten. Gesetzt ist Nico Hülkenberg, der schon mal für Sauber fuhr und nach dieser Saison von Haas - wo er zur Saison 2023 Mick Schumacher abgelöst hatte - kommt. Kandidaten und Namen für den zweiten Platz neben dem auch schon 37 Jahre alten gebürtigen Rheinländer gibt es reichlich.
Einstellung schlägt Speed?
Angefangen bei Valtteri Bottas, dem 35 Jahre alten Finnen, der damit sein Cockpit behalten würde. Gehandelt wird aber auch Williams-Fahrer Colapinto, der den Platz 2025 Carlos Sainz überlassen muss. Interesse an dem spanischen Ferrari-Piloten hatte auch Audi, der 30-Jährige entschied sich anders.
Auf die Frage, ob auch Mick Schumacher eine Option sei, antwortete Audis Projektleiter Mattia Binotto in dieser Woche: «Auf jeden Fall, wir evaluieren ihn gerade.» Er habe ihn getroffen und mit ihm gesprochen. Ohnehin kennen sich beide aus der Zeit, als Binotto noch Ferrari-Teamchef war und Mick Schumacher der Fahrerakademie des italienischen Autobauers angehört hatte.
«Auf manchen Strecken braucht er ein paar Versuche mehr, um die schnellste Runde zu fahren», sagte Binotto der FAZ, ergänzte aber: «Man muss die Fahrer nicht nur danach beurteilen, wie schnell sie sind, sondern auch nach ihrer Einstellung.» Und an der gibt es im Fahrerlager bei Mick Schumacher sicher keine Zweifel.