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Pogacar stürmt ins Gelbe Trikot - «War Traumetappe»

Am vierten Tag der 111. Frankreich-Rundfahrt kommt es am Col du Galibier zum großen Schlagabtausch - und dieses Mal lässt sich der slowenische Radstar nicht mehr einfangen.
Tour de France
Tadej Pogacar übernimmt nach der vierten Etappe der Tour de France wieder das Gelbe Trikot. © David Pintens/Belga/dpa

Im Schatten des Alpen-Riesen Col du Galibier strahlte Tadej Pogacar voller Stolz im Gelben Trikot und war gar zu Späßen aufgelegt, sein geschlagener Widersacher Jonas Vingegaard verschwand dagegen schwer gezeichnet. Nach einer Gala-Vorstellung inmitten der meterhohen Schneewände auf 2642 Metern Höhe hat der slowenische Radstar im Duell der Giganten bei der 111. Tour de France einen großen Schritt auf dem Weg zu seinem dritten Gesamtsieg gemacht.

«Ich bin super glücklich, das war der Plan und wir haben ihn gut ausgeführt. Es war eine Traumetappe für mich. Ich wollte heute hart zuschlagen, ich habe dafür viel trainiert», sagte Pogacar und kündigte weitere Attacken an: «Ich bin extrem motiviert, auf diesem Weg weiterzumachen.» Auch Ex-Toursieger Jan Ullrich war als Eurosport-Experte mächtig beeindruckt: «Pogacar hat diese Leichtigkeit. Er kann mit dem Druck umgehen, er weiß, was er drauf hat. Das Gelbe Trikot beflügelt ihn.»

Pogacar hängte den Dänen auf dem Galibier erstmals bei dieser Tour ab und holte sich nach einer atemberaubenden Abfahrt in Valloire seinen zwölften Etappensieg und das Gelbe Trikot von Olympiasieger Richard Carapaz (Ecuador). «Das ist einer der schönsten Etappensiege, die ich bisher geholt habe», ergänzte der Slowene.

Pogacar fuhr auf der vierten Etappe 35 Sekunden Vorsprung auf den belgischen Jungstar Remco Evenepoel heraus. Vingegaard verlor als Fünfter sogar noch weitere Sekunden und liegt damit erst einmal deutlich im Hintertreffen. Aufgrund der Bonussekunden hat Pogacar im Gesamtklassement nun sogar einen Vorsprung von 45 Sekunden auf Evenepoel und 50 Sekunden auf Vingegaard. 

Roglic und Evenepoel am Berg chancenlos

Trotzdem bleibt Pogacar gewarnt: «Jonas ist supergut. Er ist in Topform. Wir müssen weitermachen. Das nächste Rendezvous ist am Freitag beim Zeitfahren.» Am Berg ist Vingegaard der einzige Fahrer, der Pogacar derzeit den Sieg streitig machen kann. Nur der Däne konnte bei den explosiven Bergsprints des Ausnahmekönners ein wenig Paroli bieten. Landsmann Primoz Roglic aus dem deutschen Red-Bull-Team war beim Galibier-Anstieg chancenlos, hielt den Schaden aber wie Zeitfahr-Weltmeister Evenepoel aufgrund einer starken Abfahrt in Grenzen. 

Was für ein großes Duell auf der ersten Hochgebirgsetappe, die zurück nach Frankreich führte. Wie entfesselt ergriff Pogacar 823 Meter vor dem Gipfel die Initiative, doch Vingegaard machte ihm das Leben auf der 139,6 Kilometer langen Etappe von Pinerolo nach Valloire schwer. Irgendwann war der Widerstand aber gebrochen. Oben angekommen hatte der Slowene nicht nur sieben Sekunden Vorsprung, sondern auch weitere acht Bonussekunden herausgeholt. Und auf der rasenden Abfahrt bei Tempo 90 vergrößerte Pogacar den Vorsprung immer weiter.

Räumfahrzeuge auf dem Galibier im Einsatz

Auf dem 23 Kilometer langen und durchschnittlich 5,1 Prozent steilen Anstieg zum Galibier war die Bühne bereitet. Noch am Vortag hatten Räumfahrzeuge die Passstraße von Schnee befreit. Auf dem mythischen Berg, der 1911 erstmals ins Tour-Programm aufgenommen worden war, hatte es noch vor einem Monat geschneit. Geöffnet für den öffentlichen Verkehr wurde der Galibier erst am 23. Juni. Welch ein Kontrastprogramm für die Radprofis, die am Wochenende beim Tour-Start in Italien mit Temperaturen von 35 Grad zu kämpfen hatten.

Und Pogacars überragendes UAE-Team schlug auf den Rampen ein höllisches Tempo an. Namhafte Stars wie die Ex-Toursieger Geraint Thomas (Großbritannien) und Egan Bernal (Kolumbien) oder alle Helfer von Vingegaard wurden frühzeitig abgehängt.

Erster Angriff am vorletzten Anstieg

Schon auf der Abfahrt vom Col de Montgenèvre, dem vorletzten Anstieg, hatte Pogacar seine UAE-Armada Tempo fahren lassen, sodass schnell ein großes Loch im Peloton aufriss. Vingegaard ließ sich - im Gegensatz zu Primoz Roglic - von dem plötzlichen Angriff aber nicht überraschen, entsprechend kehrte schnell wieder Ruhe ein. 

«Der Druck liegt nicht bei mir», hatte Vingegaard vor dem Duell bereits gesagt. Für den 27-Jährigen, der im Frühjahr bei der Baskenland-Rundfahrt mehrere Rippenbrüche, eine Lungenquetschung und einen Pneumothorax erlitten hatte, geht es zuvorderst darum, Pogacar nicht entwischen zu lassen. Schon am Sonntag hatte Vingegaard beim ersten Kräftemessen nach San Luca hinauf die Attacken von Pogacar bravourös pariert.

Nach den Strapazen im Hochgebirge dürfen am Mittwoch auf der fünften Etappe über 177,4 Kilometer von Saint-Jean-de-Maurienne nach Saint-Vulbas wieder die Sprinter auf eine Massenankunft hoffen. Lediglich zwei leichtere Anstiege der vierten Kategorie sind zu bewältigen. 

© dpa ⁄ Stefan Tabeling und Felix Schröder, dpa
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