Angelique Kerber warf den Zuschauern Handküsse zu und bejubelte im Flutlicht von Paris ihren Auftaktsieg. Die 36-Jährige feierte einen erfolgreichen Start ins olympische Tennisturnier und hat damit das Ende ihrer Einzel-Karriere aufgeschoben. Die dreimalige Grand-Slam-Turniergewinnerin setzte sich in starken 68 Minuten zum Auftakt mit 7:5, 6:3 gegen die Japanerin Naomi Osaka (26) durch.
«Es war kein leichtes Match», sagte die Kielerin und betonte, dass sie sehr stolz sei. «Naomi ist so ein großer Champion. Ich wusste, ich muss heute mein bestes Tennis spielen. Ich habe jeden Moment genossen. Der letzte Tanz ist noch nicht zu Ende.»
Vor der Eröffnungsfeier hatte Kerber angekündigt, nach den Sommerspielen ihre ruhmreiche Laufbahn beenden zu wollen. Nun geht es in der zweiten Runde gegen die Rumänin Jaqueline Cristian. Im Doppel ist sie noch an der Seite von Laura Siegemund im Einsatz.
Auftaktsieg nach langer Eröffungsfeier
Noch am Abend vorher hatte Kerber bei der Eröffnungsfeier olympische Atmosphäre aufgesaugt. Nach der Bootsfahrt über die Seine mit dem deutschen Team lief die Kielerin im Gegensatz zu vielen anderen Athletinnen und Athleten trotz des Dauerregens eingehüllt in ein durchsichtiges Cape auch noch auf die Feierfläche auf dem Trocadéro und jubelte den Zuschauern zu.
Auf dem Court Philippe Chatrier durfte Kerber schon beim Einlaufen die Zuneigung des Publikums genießen. Der Start geriet im Duell der beiden Tennisspielerinnen, die Anfang dieser Saison jeweils nach einer Babypause zurückgekommen waren, jedoch holprig. Die frühere Weltranglistenerste Osaka drängte die zehn Jahre ältere Kerber mit ihren druckvollen Schlägen in die Defensive, lag schnell 3:1 vorne.
Doch wie so oft in ihrer Karriere kämpfte sich Kerber mit ihrem unbändigen Willen zurück, nahm ihrer Gegnerin ebenfalls den Aufschlag ab. Beim Stand von 3:4 feuerte sie sich lautstark mit «Komm jetzt» selbst an. Zu Null schaffte Kerber das nächste Break zum 6:5 und durfte wenig später nach 38 Minuten in Richtung Box über den Gewinn des ersten Satzes jubeln. Nach dem 3:3 im zweiten Durchgang dominierte Kerber die Partie komplett und setzte sich souverän durch.
Leistung gegen ehemalige Nummer eins lässt auf mehr hoffen
Kerber wird sich nach den Sommerspielen mit einer beeindruckenden Karrierebilanz als zweiterfolgreichste deutsche Tennisspielerin hinter Steffi Graf verabschieden. 2016 gewann sie die Australian Open sowie die US Open und wurde die erste deutsche Nummer 1 der Damen-Tenniswelt nach Graf. Dazu holte sie in der stärksten Saison der Karriere auch noch Olympia-Silber in Rio de Janeiro. Zwei Jahre später folgte der Triumph beim Rasen-Klassiker von Wimbledon.
Ende Februar 2023 kam Tochter Liana zur Welt. Zum Jahreswechsel kehrte Kerber wieder zurück auf die Profitour, konnte jedoch nie wieder ihr früheres Niveau erreichen. Bei allen drei Grand-Slam-Turnieren dieser Saison verlor Kerber in der ersten Runde. Dies verhinderte sie nun - und darf bei dieser Leistung auch noch auf mehr hoffen.