Der frühere FIFA-Präsident Joseph Blatter hat als Zeuge im Sommermärchen-Prozess vor dem Frankfurter Landgericht wenig über die ominösen Geldflüsse rund um die WM 2006 verraten. Der Schweizer, der am 10. März 89 Jahre alt wird, äußerte sich in einer 50-minütigen Videoschalte bereitwillig, sagte aber mehrfach diesen Satz zur Rolle des Fußballweltverbandes: «Wir haben nur Bank gespielt.»
Blatter, von 1998 bis 2016 FIFA-Boss, meinte damit die 10 Millionen Schweizer Franken beziehungsweise 6,7 Millionen Euro, die im Zentrum der Affäre stehen. Im April 2005 überwies der Deutsche Fußball-Bund den Betrag an die FIFA, die das Geld einen Tag später auf ein Konto des französischen Unternehmers Robert Louis-Dreyfus weiterleitete.
«Dienstleistung» der FIFA für den DFB
Blatter bezeichnete den Vorgang als «Dienstleistung» und erklärte: «Wir haben ein Bankgeschäft gemacht und nicht gefragt, warum.»
Deklariert war die Überweisung als Beitrag zu einer geplanten WM-Gala, die Anfang 2006 aus Kostengründen aber abgesagt wurde - so sah es auch Blatter. Louis-Dreyfus hatte im Jahr 2002 ein Darlehen in Höhe von zehn Millionen Schweizer Franken auf ein Konto des WM-OK-Chefs Franz Beckenbauer überwiesen. Diese Summe war am Ende auf einem Firmenkonto des damaligen FIFA-Vizepräsidenten, Mohamed bin Hammam, in Katar gelandet. Warum, ist immer noch unklar.
Blatter kann sich an Gespräch mit Beckenbauer nicht erinnern
Vergangene Woche hatte der langjährige Beckenbauer-Vertraute Fedor Radmann eine Version aus den Anfangstagen der Affäre genährt: Demnach sei eine Überweisung von zehn Millionen Schweizer Franken auf ein Firmenkonto von Bin Hammam als Sicherheit für einen späteren 250-Millionen-Franken-Zuschuss des Weltverbandes für die WM in Deutschland gedacht gewesen.
Nach bisherigen Zeugenaussagen hatte Beckenbauer in einem Vier-Augen-Gespräch mit Blatter den WM-Zuschuss rausgeholt. Blatter selbst sprach von einem «Kredit», konnte sich aber an das Einzelgespräch mit Beckenbauer «wirklich nicht erinnern».
Dieses Mal keine Rüge von der Richterin
Der DFB verbuchte die 6,7 Millionen Euro im Jahr 2006 als Betriebsausgabe. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft sei dies unzulässig gewesen. Der Verband habe dadurch Steuern in Höhe von mehr als 13 Millionen Euro hinterzogen. Diesen Vorwurf weist der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger als einzig verbliebener Beschuldigter in dem Verfahren strikt zurück.
Die Vorsitzende Richterin Eva-Marie Distler hatte in der Vergangenheit öfters Zeugen wegen ihres fehlenden Erinnerungsvermögens gerügt. Im Fall Blatter aber betonte sie ausdrücklich, dass der frühere FIFA-Boss nicht in diese Kategorie falle und schloss die Vernehmung mit den Worten: «Das war die Vernehmung eines doch in die Jahre gekommenen ehemaligen Präsidenten.»