Leroy Sané war prächtiger Laune - endlich mal wieder. Nach seinem insgesamt dritten Bundesliga-Doppelpack beim 5:0-Torfest des FC Bayern gegen die TSG Hoffenheim schlurfte der Fußball-Nationalspieler in roten Adiletten durch die Allianz Arena. Und er witzelte vor der TV-Kamera mit seinen Teamkollegen Jamal Musiala und Thomas Müller. «Ich fühle mich hier wohl. Besonders mit diesen zwei komischen Vögeln», sagte Sané - und lachte.
So mögen sie Sané in München. Und so würden die Bayern-Bosse um Vertragsverhandlungsführer Max Eberl, Trainer Vincent Kompany und auch die Teamkollegen den Mann mit den zwei Fußball-Gesichtern gerne häufiger nach Spielen erleben. Sané als Unterschiedsspieler. Sané als Spielentscheider.
«Heute hat er viel gemacht und wenig gedacht»
Müller traf bei seinem Experten-Kommentar zur Sané-Leistung womöglich den Kern der Problematik bei dem hoch veranlagten Stürmer. «Man denkt immer, man will ihn so wachrütteln, dass er einfach mal macht und nicht so viel denkt. Heute hat er viel gemacht und wenig gedacht. Das hat gut ausgesehen.»
Bei seiner Auswechslung nach den sehenswerten Toren mit links zum 1:0 und 4:0 gab es herzlichen Applaus des Publikums für den Spieler, der sich nur wenige Tage zuvor nach dem 1:0 in Gladbach wieder mal im Kreuzfeuer der Kritik befand. Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus wertete Sané gar zum «Mitläufer» im Münchner Starensemble ab.
Sané reagierte gegen Hoffenheim auf dem Rasen. Die Körpersprache stimmte, die Zielstrebigkeit, die Effektivität. Wut im Bauch? Genugtuung? «Ich meine, wir sind im Sport», antwortete er bei Sky. «Gibt's eine gute Leistung, wirst du auch gelobt. Wenn's nicht so gut läuft, na klar, kann's auch mal ein bisschen hageln.»
Sané: «Ich bin auch ablösefrei»
Der Sané von Mittwochabend könnte doch eine Zukunft in München haben. «Ich habe ja schon einiges dazu gesagt, dazu stehe ich auch», sagte der 29-Jährige zur Zukunft. Er würde gerne verlängern. Bei Sat.1 bemerkte er aber auch scherzhaft: «Ich bin auch ablösefrei.» Das ist in Europa bekannt.
Eberl merkte an, es habe nicht so ein Spiel von Sané gebraucht, um zu wissen, was der Flügelspieler drauf habe. «Leroy hat eine unfassbar große Qualität. Und wenn er sie so abruft, dann ist er natürlich ein Spieler, der für Bayern München infrage kommt», sagte der Sportvorstand. Man habe auch nie gesagt, dass Sané keine Zukunft mehr beim Rekordmeister habe. «Wie er sich präsentiert, das ist genau das, wie wir ihn brauchen», sagte Eberl stattdessen.
Und da beginnt die Crux. Sané trägt bald fünf Jahre das Bayern-Trikot. 50 Millionen Euro kostete er 2020. Und Sané wollte damals einer werden, wie es der große Arjen Robben vor ihm auf dem rechten Flügel über viele Jahre war. Ein Mann, der Bayern zu großen Siegen und Titelruhm führt und schießt.
Die 10 von Robben, aber kein Robben-Moment
Er wählte damals bewusst Robbens 10 als Trikotnummer, «weil ich natürlich mit vorangehen möchte», wie er begründete. Die Robben-Nummer sei kein Druck für ihn, sondern «noch eine kleine Motivation».
Auf Sanés Robben-Moment für die Ewigkeit warten sie in München bis heute. Kommt er noch? Oder läuft die Zeit ab? Kompany setzt immer wieder auf Sané. Und den Trainer verbindet eine spezielle Vergangenheit mit Sané.
«Ich habe mit Leroy zusammengespielt», erinnerte der Belgier an seine Profizeit bei Manchester City. «Und für mich ist wichtig, dass ich den gleichen Leroy sehe wie den, den ich kannte in meiner Zeit als Mitspieler. Und das habe ich.»
Gegen Hoffenheim half es Sané womöglich auch, dass er rechts angreifen durfte statt links. «Dieses Statement ist zu schwarz-weiß für mich. Gegen Leipzig hat er links gespielt und auch ein Tor erzielt», wehrte Kompany ab.
Eberl: Leverkusen Konkurrent bis zum Ende
Doch Sané kommt auf dem Flügel, auf dem ihm Neuzugang Michael Olise den Rang abgelaufen hat, besser zur Geltung. Kompany bewertet seine Angreifer aber nicht nur an ihrer Torzahl. «Hauptsache ist für mich, dass sie sehr hart arbeiten für die Mannschaft.» Dann könne er «auch damit leben, wenn sie mal nicht treffen», sagte er nach dem Torfest gegen machtlose Hoffenheimer.
53 Tore haben die Bayern in den 17 Hinrundenspielen erzielt. Neben Sané trafen gegen Hoffenheim Raphael Guerreiro, Elfmeterspezialist Harry Kane und Serge Gnabry. Der Bundesliga-Rekord, gehalten von den Bayern, datiert aus der Spielzeit 1971/72 mit 101 Treffern. «Wenn wir viele Tore schießen, gut. Es geht aber eigentlich nur darum, dass wir die Spiele gewinnen», meinte Kompany.
Und um die Rückkehr der Meisterschale nach München. 42 zu 38 Punkte steht's im Zweikampf mit Meister Bayer Leverkusen zur Saisonhalbzeit. «Dass Leverkusen der Konkurrent sein wird bis zum Ende, das ist nicht überraschend für uns», sagte Eberl. «Wir haben vier Punkte vor, plus Tore vor, sind Hinrunden-Meister. Das ist erstmal ein gutes Zwischenergebnis.»