Die Verkündung des neuen Schalke-Trainers Kees van Wonderen fand gewissermaßen an einem niederländischen Kaffeestand statt - zumindest inoffiziell durch die Familie. «Er geht nach Deutschland zu Schalke. Das ist super spannend», sagt seine Tochter Emilie van Wonderen in einem ESPN-Video. «Er hat da richtig viel Lust drauf. Er ist super enthusiastisch und kann nicht warten, dass es losgeht», erklärte ihre Schwester Maaike in dem vor dem Stadion «De Adelaarshorst» in Deventer aufgezeichneten Beitrag.
Einen Eindruck, was ihren Vater auf Schalke erwartet, verschaffte sich dieser schon am Vorabend persönlich. Das 2:2 gegen Hertha BSC verfolgte der 55-Jährige aus einer Stadion-Loge. Weil er dabei auch von außen gesehen wurde, machte die Nachricht von seiner neuen Aufgabe schnell die Runde - auch, wenn offizielle Statements dazu bis zum Sonntagmittag ausblieben.
Die Mannschaft erfuhr bereits direkt nach der Partie von ihrem neuen Chef. Sie zeigte gegen die Berliner alle Facetten ihrer bisherigen Saison in einem Spiel. Schalke geriet in Rückstand, drehte die Partie mit starker Moral und musste sich am Ende doch mit nur einem Punkt begnügen. Schöne Tore, individuelle Unzulänglichkeiten: Alles war dabei. Auf van Wonderen, der einen Vertrag bis zum Sommer 2026 erhält und der an diesem Montag mit seiner ersten Trainingseinheit loslegt, wartet viel Arbeit.
Neuer Coach soll die Defensive stabilisieren
«Wir haben alle Saisonspiele analysiert und eine Idee entwickelt, was wir mit dem Team erarbeiten wollen. Das ist mitten in einer laufenden Saison herausfordernd, doch wir gehen es mit Überzeugung und Zuversicht an», sagte der neue Coach laut Vereinsmitteilung.
Schalke steckt mitten in einem großen Umbruch. Unter der Leitung von Kaderplaner Ben Manga wurde die Mannschaft im Sommer stark umgebaut. Das merkt man. Das Team hat in acht Spielen erst acht Punkte gesammelt. Die Mannschaft wirkt noch nicht ausreichend eingespielt und präsentiert sich instabil. Vor allem in der Defensive leistete sich Schalke im bisherigen Saisonverlauf immer wieder gravierende Fehler.
Der hochverschuldete Revierclub will junge Spieler weiterentwickeln, dadurch Kaderwerte schaffen und gleichzeitig sportlichen Erfolg haben. Weil das zu Beginn der Saison nicht klappte und Uneinigkeit über die richtige sportliche Ausrichtung herrschte, mussten Cheftrainer Karel Geraerts und Sportdirektor Marc Wilmots nach der 3:5-Heimniederlage gegen Darmstadt 98 am sechsten Spieltag gehen.
U23-Coach Jakob Fimpel stabilisierte das Team als Interimstrainer ein wenig. Unter seiner Leitung feierte Schalke einen 2:1-Sieg beim SC Preußen Münster und holte einen Punkt gegen die Berliner Hertha. Zumindest phasenweise war eine Steigerung erkennbar.
Mannschaft muss die Spielidee des neuen Trainers erst kennenlernen
«Er hat in den zwei Wochen sehr gute Arbeit geleistet, der Mannschaft Mut zugesprochen, Stabilität gegeben und eine gute Basis geschaffen für den neuen Trainer», sagte Kapitän Kenan Karaman. «Daran kann er anknüpfen und dann werden wir auch gut arbeiten in der Länderspielpause.»
Defensivmann Ron Schallenberg gab die Devise für die kommenden Tage aus: «Wir müssen jetzt erstmal sehen, was seine Spielidee ist, was er vorhat. Ich kenne ihn nicht. Ich weiß nicht, wie er spielen wird. Von daher geht es, was das angeht, bei null los.» Die Länderspielpause sei dafür «der perfekte Zeitpunkt».
Auch die meisten Fans und die deutsche Öffentlichkeit wissen nicht viel von van Wonderen. Der frühere Verteidiger, der auch für die niederländische Nationalmannschaft auflief, hatte bis zum Ende der vergangenen Saison beim SC Heerenveen gearbeitet. Unter Bondscoach Ronald Koeman war er mal Co-Trainer der niederländischen Nationalmannschaft. Sein erstes Pflichtspiel mit seinem neuen Club bestreitet er am 19. Oktober. Dann tritt Schalke bei Hannover 96 an.