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Schweitzer gesteht Fehler bei Flutkatastrophe ein

Ein sichtlich bewegter Ausschussvorsitzender, schwere Angriffe der CDU und ein Eingeständnis des neuen Ministerpräsidenten: Der Untersuchungsausschuss Flutkatastrophe ist zu Ende.
Landtag Rheinland-Pfalz
Untersuchungsausschuss
Flutkatastrophe 2021 im Ahrtal
Nach der Flutkatastrophe im Ahrtal
Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer hat Fehler der Landesregierung in der Flutkatastrophe vor drei Jahren mit 136 Toten eingeräumt. «Keine Ebene kann von sich sagen, es sind keine Fehler gemacht worden», sagte der SPD-Politiker im Landtag in Mainz. «Auch auf Ebene der Landesregierung sind Fehler gemacht worden.» Einzelheiten nannte er nicht. Der Katastrophenschutz, der in Rheinland-Pfalz zuvor jahrzehntelang funktionierte, habe für die Dimension in der Nacht des 14./15. Julis 2021 nicht mehr ausgereicht. 

Schweitzer bekennt sich zu Verantwortung nach Fehlern in Flutkatastrophe

«Natürlich trage ich Verantwortung dafür, das die Landesregierung aus diesen Fehlern lernt», sagte Schweitzer. Der Katastrophenschutz werde neu aufgestellt, und der Wiederaufbau des Ahrtals sei ein Schwerpunkt seiner Regierung. Die vor allem von der CDU-Opposition geforderte Entschuldigung gab Schweitzer nicht ab. Den Hinterbliebenen versicherte er: «Keine und keiner wird vergessen.» 

Innenminister Ebling: «Das war kein Staatsversagen»

«Es wurden auf allen Ebenen Fehler gemacht», sagte auch Innenminister Michael Ebling (SPD). «Aber es war kein Staatsversagen.» Der Staat habe sich noch in der Nacht in vielen Gesichtern gezeigt, im THW, in der Bundeswehr und den Feuerwehrleuten und später etwa im Wiederaufbaufonds.

Fernis: «Menschenleben hätten gerettet werden können»

Der Obmann der FDP, Philipp Fernis, sagte in der Aussprache über den Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses: «Menschenleben hätten gerettet werden können», wenn mehr Menschen rechtzeitig gewarnt worden wären. Die Katastrophe in ihrer gesamten Dimension sei zwar nicht vorhersehbar gewesen - dass sich eine nie dagewesene Katastrophe anbahnte, sei aber spätestens am späten Nachmittag des 14. Juli klar gewesen. Die entscheidenden Fehler sehe er beim zuständigen ehemaligen Landrat. Die Informationen seien da gewesen, aber es sei nicht gelungen, sie rechtzeitig zusammenzubringen.

Der Untersuchungsausschuss war auf Initiative der CDU vor rund drei Jahren eingesetzt worden und hat die Katastrophe in 47 Sitzungen aufgearbeitet. Mit der Debatte über den rund 2100 Seiten starken Abschlussbericht ist er abgeschlossen.

Haller: «Diese Apokalypse hat unser Land ins Mark getroffen»

«Demut ist für mich das Wort, das am Ende steht», hatte der Ausschussvorsitzende Martin Haller zu Beginn der Sitzung sichtlich bewegt gesagt. Demut für das, was die Menschen in der schrecklichen Nacht erlebt hätten, Demut vor dem, was in und nach der Katastrophe geleistet worden sei, auch Demut vor der Wucht der Naturkatastrophe. «Wir werden mit diesem Ausschuss und seinen Ergebnissen keine Wunden heilen können, aber ich hoffe, dass wir sie lindern können», sagte der SPD-Politiker. «Diese Katastrophe, diese Apokalypse hat unser Land bis ins Mark getroffen.»

CDU-Obmann Herber wirft Landesregierung Versagen und Wegducken vor 

Für seine Rede erhielt Haller Applaus von allen Fraktionen und ausdrückliches Lob von CDU-Obmann Dirk Herber. Im Anschluss griff dieser die Landesregierung dann scharf an. «Die regierungstragende Mehrheit in diesem Haus hat sich aus Parteiräson dazu entschieden, die Mäntel des Schweigens, des Vertuschens und des Schönredens über die Hintergründe einer Katastrophe zu werfen, die das idyllische Leben der Menschen im Ahrtal und in der Eifel grausam und brutal getroffen hat», sagte Herber. «Sie haben die Menschen im Stich gelassen!», hielt er der Landesregierung vor. Ex-Landrat Jürgen Pföhler (CDU), aber auch die Ampel-Landesregierung hätten auf ganzer Linie versagt und sich weggeduckt.

Ein «übersteigerter politischer Egoismus» habe die Bitte auf Entschuldigung für das staatliche Organversagen verhindert, kritisierte Herber. Dies werde auch zum Ballast des neuen Ministerpräsidenten Schweitzer werden. 

SPD und Grüne weisen CDU-Kritik zurück

SPD-Obmann Nico Steinbach hielt Herber Populismus vor. Der Grüne Obmann Carl-Bernhard von Heusinger warf Herber vor, den Pfad der Sachlichkeit mit seiner Rede verlassen zu haben.

«Das Wissen von heute gab es in der Katastrophennacht nicht», gab SPD-Obmann Steinbach zu Bedenken. Ex-Landrat Pföhler trage nach Auffassung der SPD - anders als Herber behaupte - nicht die alleinige Schuld, der CDU-Politiker sei aber seiner Verantwortung als oberster Katastrophenschützer im Ahrtal nicht gerecht geworden. 

Kritik von AfD und Freien Wählern 

AfD-Obmann Jan Bollinger warf der Ampel-Regierung Organisationsversagen vor, mit den vorhandenen Informationen hätten die extremen Überflutungen prognostiziert und Menschenleben gerettet werden können, wenn die zuständigen Behörden gemeinsam agiert hätten.

Nach Einschätzung von Stephan Wefelscheid (Freie Wähler) liegt «die politische und moralische Gesamtverantwortung klar beim damals zuständigen Landrat». Er sehe aber auch Fehler bei Ex-Umweltministerin Anne Spiegel, ihrem Staatssekretär Erwin Manz (beide Grüne) und dem Präsidenten der Landesbehörde ADD, Thomas Linnertz. Der Katastrophenschutz habe den Lackmus-Test nicht bestanden, und gepaart mit menschlichem Versagen habe dies Menschenleben gekostet. 

Landrätin: Menschen wünschen sich Entschuldigung und Gerichtsverfahren

Nach Einschätzung der Landrätin Cornelia Weigand (parteilos) wünschen sich die meisten Menschen im Ahrtal eine Entschuldigung sowie eine öffentliche Aufarbeitung der Flutkatastrophe in einer Gerichtsverhandlung. «Eine Entschuldigung ist den Menschen, glaube ich, sehr wichtig», sagte sie am Rande der Landtagsdebatte. Sie sehe ein Systemversagen, an dem eigentlich jede Ebene einen Anteil habe. 

Viele der Betroffenen wünschten sich eine öffentliche Aufarbeitung, ein nachvollziehbares transparentes Beleuchten und Abwägen der Ereignisse in einer Gerichtsverhandlung, sagte Weigand. Die Staatsanwaltschaft habe gegen den früheren Landrat und einen seiner engen Mitarbeiter hinter verschlossenen Türen ermittelt. Die Ermittlungen wurden eingestellt.

© dpa
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