Bei Cannabis-Pflanzen geht es nicht nur ums Kiffen - das ist seit knapp vier Monaten mit zahlreichen Auflagen für Volljährige in Deutschland legal. Für Landwirte ist der Anbau zugelassener Hanfsorten schon viel länger möglich. Und es gibt eine breite kommerzielle Nutzung für Textilien, Lebensmittel oder Kosmetik. Das Geschäft ist bisher aber eine Nische. Das Bundesagrarministerium will es deshalb jetzt mit einigen Neuregelungen einfacher und attraktiver machen. Die Branche sieht durchaus Chancen, mahnt aber deutliche Vereinfachungen bei den Vorgaben an.
«Der Anbau von Nutzhanf hat in Deutschland deutliches Wachstumspotenzial», sagte ein Ministeriumssprecher auf Anfrage in Berlin. Ein Gesetz soll daher nun die Anbaumöglichkeiten erweitern und mehr Rechtssicherheit schaffen. Ziel ist eine Umsetzung bis Anfang 2025, also noch vor der nächsten Aussaat. Nicht erlaubt werden sollen damit aber Lebensmittel, die den berauschenden Wirkstoff THC enthalten, heißt es ausdrücklich in einem Referentenentwurf für das Gesetz.
Anbaufläche geschrumpft
Generell anbauen dürfen Landwirte zugelassene Nutzhanfsorten in der EU seit 1996, wie die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung erläutert. Der Gehalt an Tetrahydrocannabinol (THC) in den Blüten darf dann nicht über 0,3 Prozent liegen - auf dem Drogenmarkt sind es nach Auskunft des Bundesgesundheitsministeriums durchschnittlich etwa 14 Prozent. Die bundesweite Anbaufläche von Nutzhanf ging im vergangenen Jahr aber erstmals seit längerem wieder zurück - auf 5800 Hektar, und 643 Betriebe waren in diesem Feld aktiv. Zum Vergleich: Weizen erstreckt sich auf 2,9 Millionen Hektar, auch eine seltenere Sorte wie Hafer auf 141 000 Hektar.
Rechtsunsicherheit bisher ein Hemmnis
Als Impuls soll nun vor allem mehr Rechtssicherheit kommen. Dafür soll eine Klausel gestrichen werden, die auch noch im Gesetz zur Cannabis-Legalisierung steht. Sie besagt, dass bei Nutzhanf ein Missbrauch zu Rauschzwecken ausgeschlossen sein muss. Dadurch sähen sich Anbauer und Händler bisher weiter mit der Gefahr einer Strafverfolgung konfrontiert, sagte der Ministeriumssprecher. Im Entwurf heißt es, für einen solchen Missbrauch von Nutzhanf lägen aber keine Beweise vor - und mit den nun legalen Beschaffungsmöglichkeiten sei es auch endgültig auszuschließen.
Neue Anbau-Option
Als zusätzliche Option soll außerdem ein «Indoor-Anbau» in Gewächshäusern zugelassen werden. Vor allem auf dem Land eröffne das Wirtschaftsbeteiligten neben den Bauern Geschäftsmöglichkeiten, heißt es im Entwurf. Gestrichen werden soll daher auch eine historisch bedingte Gesetzesklausel, die bisher Garten- und Weinbaubetriebe oder die Forstwirtschaft vom Hanfanbau ausgeschlossen hat. Auszugehen sei vorerst aber nur von «einer geringen einstelligen Anzahl» an Firmen.
Landwirte sehen noch Risikofaktoren
Der Bauernverband sieht insgesamt ein größeres Potenzial, fordert dafür aber noch mehr Vereinfachungen. «Nutzhanf ist außerordentlich vielfältig verwendbar, hat ackerbaulich viele Vorteile und würde auch einen Gewinn für die Biodiversität darstellen», sagte Generalsekretär Bernhard Krüsken. Sowohl der Anbau als auch die Blüte müssten aber der Bundesanstalt gemeldet werden, was viel Zeit in Anspruch nehme. Zusätzlich verunsichere der geringe THC-Grenzwert, da schon bei geringer Überschreitung die gesamte Ernte vernichtet werden müsse. «Nur Landwirte mit großem Durchhaltevermögen oder einer Liebe zu Hanfpflanzen nehmen diese Risiken in Kauf.» Die Anbauzahlen für 2023 belegten diese Einschätzung leider.
Vorteile und Geschäftschancen
Das Ministerium hebt günstige Eigenschaften des Hanfanbaus auch für den Klima- und Umweltschutz hervor. Nötig seien nur sehr wenig Dünger, in der Regel keine Pflanzenschutzmittel oder zusätzliche Bewässerung. Hanf verbessere den Boden durch Anreichern von Stickstoff aus der Luft und biete Lebensraum für Insekten. Fast alle Teile der Pflanzen seien verwertbar. Das Angebot hanfhaltiger Lebensmittel sei gewachsen, erläutert das Bundesinstitut für Risikobewertung. Verwendet würden meist Hanfsamen, die reich an Amino- und Fettsäuren seien - etwa in Öl und Nudeln.