Am Tag nach der Fußball-Europameisterschaft beginnt bei der Deutschen Bahn das größte Sanierungsprogramm für die Infrastruktur seit Jahrzehnten. Die wichtige Bahnstrecke zwischen Frankfurt und Mannheim wird monatelang gesperrt. Die sogenannte Riedbahn ist die erste von 41 Strecken, die bis 2031 grundlegend modernisiert werden sollen. Für Fahrgäste bedeutete das: Längere Reisezeiten und Zugausfälle. Zudem ist von Dienstag bis Mitte August die ICE-Schnellfahrstrecke zwischen Köln und Frankfurt wegen Bauarbeiten dicht - hierbei handelt es sich aber nicht um eine Generalsanierung.
Wissing: Schieneninfrastruktur bröselt
Die Bahn setzt in die 41 Generalsanierungen große Hoffnungen. Beim offiziellen Beginn der Arbeiten sagte Bahnchef Richard Lutz über die Infrastruktur: «Sie ist zu voll, sie ist zu alt und damit zu störungsanfällig.» Mit den Generalsanierungen wähle die Bahn nun einen fundamental und radikal anderen Angang als bislang.
«Die Schieneninfrastruktur bröselt und wird den heutigen Ansprüchen nicht gerecht», bekräftigte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). Man brauche einen Paradigmenwechsel. «So wie es war, darf es nicht bleiben. Dies gehe aber nur, wenn die Infrastruktur in Ordnung gebracht werde. «Jetzt kommt eine richtige Kraftanstrengung.»
Zum Auftakt wird mit der Riedbahn eine der wichtigsten Strecken in Deutschland überhaupt modernisiert: Pro Tag fahren dort mehr als 300 Züge im Regional-, Fern- und Güterverkehr - allerdings gab es zuletzt auch jeden Tag eine Störung. Bis Mitte Dezember werden Gleise, Oberleitungen, Signale und Weichen ausgetauscht. Im Anschluss soll mehrere Jahre Baufreiheit herrschen.
«Die Riedbahn ist so etwas wie eine verstopfte Hauptschlagader in einem Organismus. Die wird jetzt abgeklemmt, saniert, und danach funktioniert das System besser», sagte Wissing dem «Deutschlandfunk».
Reise von Köln nach Mannheim wegen weiterer Baustelle besonders schwierig
In den kommenden knapp vier Wochen ebenfalls gesperrt wird die ICE-Schnellfahrstrecke zwischen Köln und Frankfurt. Die Strecke ist ab Dienstag dicht.
Bis zum 12. August müssen sich Reisende nach Bahnangaben auf Zugausfälle und Verspätungen zwischen 40 und 90 Minuten einstellen. Da die Züge umgeleitet werden, entfallen die Halte Siegburg/Bonn, Montabaur und Limburg Süd. Sie seien mit Bus-Ersatzverkehr erreichbar. In den vier Wochen sollen entlang der Strecke 70 Kilometer Gleise und 13 Weichen erneuert werden.
Verband: 2024 steigen Investitionen in Schiene deutlich
Wissing kritisierte, dass in den vergangenen Jahren zu wenig Geld in die Sanierung der Bahn gesteckt worden sei. Das untermauern neue Zahlen des Lobbyverbands Allianz Pro Schiene: Demnach lagen die Pro-Kopf-Investitionen in die Schiene in Deutschland 2023 bei 115 Euro - nur einen Euro mehr als 2022.
«Der leichte Zuwachs der Investitionen hat bei weitem nicht ausgereicht, um die Steigerungen der Baupreise auszugleichen», sagte dazu Andreas Geißler, Leiter Verkehrspolitik bei dem Verband. Für das laufende Jahr rechnet Geißler mit einem großen Sprung auf 174 bis 215 Euro.
Riedbahn-Kosten höher als ursprünglich geplant
Die Allianz Pro Schiene ermittelt seit 2005 die jährlichen Pro-Kopf-Investitionen in die Schieneninfrastruktur für Deutschland und zahlreiche weitere Länder. Unterstützt wird sie dabei von der Unternehmensberatung SCI Verkehr. Seit 2014 ist ein stetiger Anstieg der Investitionen in Deutschland zu erkennen. 2021 erreichten die Pro-Kopf-Investitionen den Rekordwert von 124 Euro - darin war allerdings eine Eigenkapitalerhöhung für die Deutsche Bahn enthalten. 2014 lagen die Pro-Kopf-Investitionen in die Schiene in Deutschland noch bei 49 Euro.
Die Generalsanierung der Riedbahn kostet nach aktuellem Stand 1,3 Milliarden Euro - und damit deutlich mehr als zunächst angenommen. Die nächste Generalsanierung ist ab August 2025 auf der Strecke Hamburg - Berlin geplant. Diese dauert dann sogar neun Monate.