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SPD-Fraktionschef fordert «echtes Zuwanderungsgesetz»

Berlins SPD-Fraktionschef ist alles andere als zufrieden mit der aktuellen Diskussion über Migration. Er kritisiert auch die eigene Partei und fordert vom Bundeskanzler einen Gipfel zu dem Thema.
Interview mit SPD-Landeschef Saleh
Berlins SPD-Fraktionschef Raed Saleh kritisiert die öffentliche Debatte über Migration und fordert vom Bundeskanzler einen Gipfel zu dem Thema. (Ar © Soeren Stache/dpa

Berlins SPD-Fraktionschef Raed Saleh hält einen Gipfel zum Thema Migration und ein Einwanderungsgesetz für notwendig. «Die Debatte aktuell konzentriert sich nur auf Geflüchtete und auf Abschiebungen», sagte Saleh der Deutschen Presse-Agentur. «Wir haben keine Vision, wie wir mit dem Thema insgesamt umgehen.»

«Deshalb wünsche ich mir vom Bundeskanzler, dass er zu diesem Thema einen Gipfel einberuft, alle Akteure zusammenbringt und ein Bild zeichnet von unserem Land, hinter dem sich die große Mehrheit der Menschen versammeln kann», sagte der SPD-Politiker, der in der Nähe von Nablus im Westjordanland geboren wurde und als Fünfjähriger nach Berlin kam. 

«Migration hat Deutschland stark gemacht»

«Wir brauchen endlich einen echten Zukunftsgipfel, und zwar einen, der am Ende darin mündet, dass wir endlich ein echtes Zuwanderungsgesetz auf den Weg bringen», sagte Saleh. Migration habe Deutschland stark gemacht. «Ohne die damals sogenannten Gastarbeiter wäre Deutschland niemals wirtschaftlich so erfolgreich geworden», unterstrich der SPD-Politiker. «Zuwanderung darf also nicht reduziert werden auf die Frage, wie unkontrollierte Migration eingedämmt werden kann.»

«Ich fordere eine sachliche Debatte über Migration. Die Art, wie wir sie gerade führen, ist Gift für das Miteinander in der Gesellschaft», sagte Saleh. «Ich habe den Eindruck, dass wir unter dem Schock der Werte der Rechtspopulisten Maß und Mitte verloren haben. Viele Sozialdemokraten erkennen die SPD nicht wieder», beklagte der SPD-Fraktionschef. «Wir müssen differenzieren und zeigen, dass es nicht DIE Migranten gibt und DIE Ausländer. «Wir müssen anfangen, dieses Wir und Ihr zu durchbrechen und ein gemeinsames neues Wir aufbauen.» 

«Muslime werden angefeindet und unter Generalverdacht gestellt»

«Wir erleben seit dem 7. Oktober 2023 eine Zunahme von Antisemitismus. Da muss der Staat wehrhaft sein und das mit aller Kraft», betonte Saleh. «Wir erleben in letzter Zeit auch eine Zunahme von antimuslimischem Rassismus.» 

Muslime würden angefeindet und unter Generalverdacht gestellt. «Ich höre vermehrt von Fällen, wo mir Eltern erzählen, dass ihre Kinder, die hier geboren sind, in der Schule hören, sie seien Ausländer. Wir hatten diese Phase doch längst hinter uns.»

«Erfolgreiche Integration gibt es jeden Tag»

«Die Fälle, wo es Probleme gibt, muss man benennen – ganz klar. Menschen, die unser Land gefährden, weil sie unser Land verachten, weil sie womöglich sogar Anschläge planen, da muss man mit der vollen Härte des Rechtsstaats ran», sagte Saleh.

«Aber wir dürfen nicht vergessen und müssen wieder stärker betonen: Erfolgreiche Integration gibt es in diesem Land jeden Tag millionenfach.» Stattdessen erlebten Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, dass sie ungerechtfertigt für alle Krisen verantwortlich gemacht werden, vom schwächelnden Wohnungsneubau und die Schwierigkeiten der Wirtschaft bis zur Kriminalität. 

Einen Sündenbock zu suchen, habe aber noch nie die Probleme gelöst. Die große Herausforderung sei vielmehr die Umverteilungsfrage. «Wie kann es sein, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer größer wird? Wir brauchen eine echte Gewinnsteuer, eine echte Vermögenssteuer. Die strukturellen Ungleichheiten müssen aufgehoben werden. Ich erwarte von meiner Partei mehr Mut», sagte Saleh. 

«Zurzeit verlieren wir viele Menschen, die für dieses Land alles gegeben haben. Wir verlieren kommende Generationen, die alles für dieses Land geben wollen, weil wir einem rechten Mainstream kopflos nachlaufen.»

© dpa
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