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Senat zieht Verantwortung für Oberbillwerder an sich

Oberbillwerder soll der 105. Stadtteil Hamburgs werden. Die neu gewählte Bezirksversammlung des zuständigen Bezirks ist gegen das Projekt. Nun hat der Senat Oberbillwerder zur Chefsache gemacht.
Neuer Stadtteil Oberbillwerder
Der Senat hat dem zuständigen Bezirk Bergedorf das Vorhaben nun entzogen (Archivbild) © Axel Heimken/dpa

Der Hamburger Senat zieht die Verantwortung für den neuen Stadtteil Oberbillwerder an sich. Der rot-grüne Senat begründete diesen Schritt in einer Pressemitteilung mit der herausragenden Bedeutung des Stadtteils. Da insbesondere die Planrechtschaffung von übergeordnetem gesamtstädtischem Interesse sei, solle das bisher im Bezirksamt Bergedorf durchgeführte Bebauungsplanverfahren für die Entwicklung und Erschließung von Oberbillwerder in direkte Senatsverantwortung genommen werden.

Die neue Mehrheit in der Bergedorfer Bezirksversammlung ist gegen das Vorhaben. CDU, Linke und AfD lehnen das Projekt ab. Das Vorgehen des Senats stößt daher auf Kritik bei den drei Parteien.

Oberbillwerder soll der 105. Stadtteil der Hansestadt werden. In dem 118 Hektar großen Gebiet westlich von Bergedorf und nördlich von Allermöhe sollen 6000 bis 7000 Wohneinheiten entstehen, dazu 4000 bis 5000 Arbeitsplätze.

CDU: Mehrheit gegen Oberbillwerder

Der Senat wolle Oberbillwerder gegen den Wählerwillen durchdrücken, wetterte etwa der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete aus Bergedorf, Dennis Gladiator. «Alle Bergedorfer Parteien hatten sich bei der Bezirkswahl mit einer klaren Aussage zu Oberbillwerder positioniert und das Wahlergebnis ergab eine Mehrheit gegen Oberbillwerder.» Der Anstand hätte es seiner Ansicht nach jetzt geboten, die Bezirksversammlung über den B-Plan-Entwurf abstimmen zu lassen und bei einer Ablehnung die Pläne der neu zu wählenden Bürgerschaft vorzulegen. «Stattdessen schafft der Senat Fakten vor der nächsten Bürgerschaftswahl.»

Der stellvertretende AfD-Fraktionschef, Alexander Wolf, betonte, die Bergedorfer lehnten aus guten Gründen «diesen völlig überdimensionierten hochverdichteten Satelliten-Stadtteil mit 6.500 Bewohnern auf über 100 Hektar ab». Das sei Wohnungsbau mit der Brechstange und das Ergebnis der Bezirkswahl im Juni entsprechend eindeutig ausgefallen.

Der Bürgerschaftsabgeordnete Stephan Jersch (Linksfraktion) monierte, «der Senat weiß sich nur noch mit der autokratischen Keule der Evokation zu helfen, nachdem er es in den vergangenen acht Jahren nicht geschafft hat, ökologische und auch wohnungspolitische Bedenken gegen Oberbillwerder auszuräumen». 

Fegebank: Oberbillwerder wird einer der grünsten Stadtteile Hamburgs 

Dem Senat ist eigenen Angaben zufolge grundsätzlich die sogenannte Evokation vorbehalten, also das Recht, bezirkliche Belange wegen ihrer Bedeutung für die gesamte Stadt an sich zu ziehen. Gemäß Verwaltungsbehördengesetz kann er im Einzelfall Weisungen erteilen und Angelegenheiten selbst erledigen – auch wenn ein Bezirksamt formal zuständig ist.

Dirk Kienscherf, Vorsitzender der SPD-Fraktion Hamburg, wies Kritik zurück: «Wer auf Landesebene Wohnungsbau fordert, darf sich im Bezirk bei wegweisenden Projekten nicht querstellen. Die CDU beweist einmal mehr, dass sie ein Hemmschuh für Hamburgs Stadtentwicklung ist.»

Hamburgs Zweite Bürgermeisterin, Katharina Fegebank, betonte, «Oberbillwerder ist ganz klar ein Stadtteil der Chancen». Es werde bis zu 7.000 dringend benötigte neue Wohneinheiten geben, eine Fakultät der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) für rund 5.000 Studierende solle entstehen, sagte die Grünen-Politikerin. Zudem werde Oberbillwerder einer der grünsten Stadtteile Hamburgs, mit 4.000 Bäumen und öffentlichen Grünflächen, die fast ein Viertel der Gesamtfläche ausmachten.

An wenigen Orten wie der HafenCity, dem Grasbrook, der Science City Hamburg Bahrenfeld und Oberbillwerder bietet sich den Angaben zufolge noch die Chance, Hamburg großflächig und zusammenhängend in ganzen Siedlungen zu erweitern. Der neue Stadtteil gilt als ein wichtiger Baustein für die Selbstverpflichtung der Hansestadt, angesichts knappen Wohnraums und steigender Einwohnerzahl Jahr für Jahr 10.000 neue Wohnungen zu realisieren.

© dpa
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