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Roboter-Sinfonie wird aus Dresden weltweit übertragen

Maestra ohne Allüren: Die Dresdner Sinfoniker lassen sich erstmals von einem Roboter dirigieren - ein Experiment. «Richtige Dirigenten» soll die Maschine in Zukunft aber nicht ersetzen.
Dresdner Sinfoniker lassen sich von einem Roboter dirigieren
Frank H. P. Fitzek
Markus Rindt

Die Dresdner Sinfoniker betreten musikalisches Neuland und können dabei weltweit in Augenschein genommen werden. Denn die «Deutsche Welle» streamt das Projekt «Roboter.Sinfonie» am kommenden Sonntag in Ton und Bild, teilte das Orchester mit. Bei dem Konzert lassen sich die Sinfoniker - ein international zusammengesetztes Ensemble für zeitgenössische Musik - von einem Roboter dirigieren. 

Genau genommen sind es drei Roboterarme sein, die den Musikern zeigen, wo es lang geht. Mit dem Norweger Magnus Loddgard steht zudem ein Dirigent aus Fleisch und Blut bereit. Nach der Pause überlässt er die Leitung des Konzertes aber gänzlich den Maschinen. Sinfoniker-Intendant Markus Rindt spricht von einer Roboter-Frau. Denn die musikalische Helferin trägt den Namen «MAiRA Pro S».

Roboter kann verschiedene Tempi gleichzeitig dirigieren

Dank der Technik vermag die maschinelle Dirigentin etwas, was ein «richtiger» Dirigent nicht kann - etwa bei dem Stück «#kreuzknoten» von Wieland Reissmann. «Zwei ihrer drei Arme leiten das Orchester durch sich überkreuzende Tempi. Ein Teil der Musikerinnen und Musiker beginnt langsam und akzeleriert, während die andere Hälfte retardiert», erklärt Rindt.

In den Tagen bis zur Uraufführung soll im Dresdner Festspielhaus Hellerau noch fleißig geprobt werden. Für Rindt erfüllt sich damit ein Kindheitstraum der Sinfoniker. Denn die Idee gab es schon vor 20 Jahren - noch in den Kindertagen des Ensembles. Damals sei das aber eine Utopie gewesen, erzählt der Intendant: «An die heutigen technischen Möglichkeiten war nicht ansatzweise zu denken.» 

Harmonische Bewegungen fast wie bei einem Lebewesen

Für das Projekt hatte Rindt Spezialisten der Technischen Universität Dresden gewinnen können - aus dem Exzellenzcluster CeTI (Centre for Tactile Internet with Human-in-the-Loop). Dort «lernte» die elektronische Dirigentin, wie Takte geschlagen und Dynamiken angezeigt werden können. Jetzt ist der Sinfoniker-Chef froh, dass nach zwei Jahren Entwicklungszeit die Roboter-Frau sehr harmonische Bewegungen ausführen kann - «fast wie bei einem Lebewesen».

«Wir haben nicht das Ziel, künftig Dirigenten zu ersetzen», sagt Rindt. Man wolle aber musikalisches Neuland betreten und ausprobieren, «was alles geht, wenn man drei verschiedene Tempi dirigieren kann». Da er selbst als Orchestermusiker gearbeitet habe, sei er von Natur aus an solchen Möglichkeiten interessiert. 

Exzellenzcluster befasst sich mit Kooperation zwischen Mensch und Roboter 

«Die Kooperation zwischen Menschen und Robotern spornt unsere Forschung bei CeTI seit jeher an. Unsere Vision ist dabei eine aktive Zusammenarbeit, in welcher Roboter den Menschen unterstützen und menschliche Fähigkeiten auf Robotik übertragen werden», betont CeTI-Sprecher Frank Fitzek. Spannend und relevant werde das bei Tätigkeiten, die ein einzelner Mensch nicht alleine schaffen könne, aber auch bei komplexen Arbeiten, bei denen ein hohes Maß an verlässlicher Präzision erforderlich sei, sagt der Professor. 

Zur «Roboter.Sinfonie» gehört auch ein Vermittlungsprojekt mit Dresdner Gymnasiasten. Das war eine Idee der Ostdeutschen Sparkassenstiftung, die das Projekt maßgeblich finanzierte. In Zusammenarbeit mit dem Exzellenzcluster entwickelte Choreograph Norbert Kegel mit den Jugendlichen eine Choreographie, in der sie mit dem Roboterhund Spot des Unternehmens Boston Dynamics interagieren. Ein Kurzfilm von der Entstehung der Choreographie ist in den beiden Konzerten am Samstag und Sonntag zu sehen.

Rindt hatte die Sinfoniker Ende der 1990er Jahre zusammen mit dem Komponisten Sven Helbig gegründet. Gespielt wird ausschließlich zeitgenössische Musik. Oft ging es bei den Projekten auch um politische Themen - 2017 protestierten die Sinfoniker etwa musikalisch an der Grenze zwischen Mexiko und den USA gegen die vom damaligen US-Präsidenten Donald Trump geplante Mauer.

 

 

© dpa
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