Der Richterbund Mecklenburg-Vorpommerns hält die Bemühungen der Landesregierung zur Sicherung des juristischen Nachwuchses angesichts der bevorstehenden Pensionierungswelle für unzureichend. In den kommenden zehn Jahren würden voraussichtlich 282 Richter und Richterinnen, Staatsanwälte und Staatsanwältinnen in den Ruhestand wechseln. Um den gegenwärtigen Personalbestand von rund 625 Juristen zu halten, müssten - wie in diesem Jahr geschehen - jährlich etwa 30 neu eingestellte werden.
Richterbund will neben Greifswald Volljuristen-Ausbildung auch in Rostock
«Es ist offenkundig, dass dies bei einer zunehmenden Konkurrenzsituation mit anderen Bundesländern, der Anwaltschaft und der Wirtschaft kaum möglich sein wird», heißt es in einer in Schwerin verbreiteten Erklärung der Juristenvereinigung. Sie fordert, die Attraktivität des Jurastudiums zu erhöhen und in Rostock wieder einen vollwertigen juristischen Studiengang einzurichten, um die Zahl der Absolventen im Land zu steigern. Vorstöße der Opposition dazu waren wiederholt am Widerstand der Landesregierung gescheitert. An der Rechtsfakultät in Greifswald waren zuletzt etwa 1.850 Studenten eingeschrieben, etwa ein Viertel weniger als zehn Jahre zuvor.
Bereits heute gebe es zu wenige Richter und Staatsanwälte im Land, beklagt der Richterbund. So müssten allein im Bereich der Ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Staatsanwaltschaften «für eine adäquate Personalausstattung» fast 50 zusätzliche Juristen eingestellt werden. An den beiden Verwaltungsgerichten in Schwerin und Greifswald fehlten zehn Richter.
Sorge um Vertrauen der in den Rechtsstaat
In der Folge könnten Staatsanwaltschaften bei Straftaten nicht mehr ausreichend und schnell ermitteln und die Gerichte nicht schnell genug verhandeln und entscheiden. Die Personalsituation an den Verwaltungsgerichten verhindere die immer wieder geforderte Beschleunigung von Asylverfahren. Der Richterbund warnte davor, mit der Streichung von Richter- und Staatsanwaltsstellen das Vertrauen der in den Rechtsstaat zu untergraben.
Justizministerin Jacqueline Bernhardt (Linke), die jüngst mitgeteilt hatte, dass Mecklenburg-Vorpommern in diesem Jahr 31 Proberichterinnen und Proberichter eingestellt hat und damit so viele wie seit über 20 Jahren nicht mehr, mahnte, Erfolge nicht schlechtzureden. «Es ist wenig konstruktiv, die Bemühungen des Ministeriums für Justiz, Gleichstellung und Verbraucherschutz bereits im Vorfeld niederzureden und eine Rekordeinstellungszahl zu ignorieren», wies sie die Kritik zurück. Alle in der Zuständigkeit des Ministeriums liegenden Hebel seien in Bewegung. Dazu gehöre ausdrücklich nicht die Frage des Jurastudiums, die in einem anderen Ressort liegt. Bernhardt erneuerte die Bereitschaft, weiterhin konstruktiv mit dem Richterbund zusammenarbeiten zu wollen