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Politikwissenschaftler: Wachsende Probleme mit Direktwahlen

Direkt gewählten kommunalen Spitzenpolitikern fehlt es immer öfter an Rückhalt in Kommunalvertretungen, sagt Wolfgang Muno. Das habe Folgen. Er hat eine Idee für stabilere Verhältnisse.
Politikwissenschaftler Muno
Der Politikwissenschaftler Wolfgang Muno von der Universität Rostock sieht wachsende Probleme in der Folge von Direktwahlen von Landräten, Oberbürgermeistern und Bürgermeistern (Archivbild). © Jens Büttner/dpa

Der Politikwissenschaftler Wolfgang Muno sieht wachsende Probleme in der Folge von Direktwahlen von Landräten, Oberbürgermeistern und Bürgermeistern. Die Idee sei einst gut gewesen, über Direktwahlen mehr Beteiligungsmöglichkeiten herzustellen, doch heute gebe es zunehmende Schwierigkeiten, sagte Muno von der Universität Rostock der Deutschen Presse-Agentur.

Als der Gedanke in den 1980er Jahren aufkam und in den 1990er Jahren fast überall in Deutschland eingeführt wurde, Landräte, Bürgermeister und Oberbürgermeister direkt vom Volk wählen zu lassen, habe es noch eine stärkere Parteienbindung gegeben. Die stärksten Parteien hätten ihre Kandidaten durchgebracht, die Mehrheitsverhältnisse in den Stadtvertretungen und Kreistagen seien relativ stabil gewesen, die Arbeit habe funktioniert. «Das hat sich geändert.» 

Bürgermeister oft ohne Hausmacht

Die Parteienbindung habe stark nachgelassen. In den Kommunen sei inzwischen eine Vielzahl an Initiativen und Wählerbündnissen am Start. Ein direkt vom Volk gewählter Bürgermeister oder Landrat ohne große Partei im Rücken habe oft keine Hausmacht in der Kommunalvertretung, was das Finden von Mehrheiten erschwere.

Zudem sei die Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen oft gering, sagte Muno weiter. «Und wenn ein Bürgermeister oder Landrat mit einer Wahlbeteiligung von nur 30 oder 40 Prozent gewählt wurde, ist das in den Augen von Kritikern kein sehr starkes Mandat.» Eine große Rolle spiele nicht zuletzt die zunehmende Polarisierung. «Eine Auseinandersetzung wird heute schnell persönlich. Wir sehen in Deutschland ja inzwischen auch Angriffe auf Lokalpolitiker, das nimmt zu.»

Stabilere Verhältnisse ohne Direktwahl?

Der Neubrandenburger Oberbürgermeister Silvio Witt (parteilos) hatte jüngst andauernde Schmähungen gegen seine Person aus der Stadtvertretung heraus als einen Grund für seinen zum Mai 2025 angekündigten Rücktritt genannt. Den Anlass bildete letztlich ein Mehrheitsbeschluss der Stadtvertretung, die Regenbogenflagge am Bahnhof nicht mehr zu hissen. Witt ist offen homosexuell. Der Antragsteller erklärte später, dass der Beschluss zur Abnahme der Regenbogenflagge dazu dienen sollte, Witt zum Rücktritt zu bewegen. 

Muno sagte, dass es zu stabileren Verhältnissen führen und die Arbeit effizienter machen könne, würde ein Bürgermeister oder Landrat von der Mehrheit der Gemeindevertretung oder des Kreistags gewählt. Er wies darauf hin, dass die Direktwahl durch die Bürger nicht überall eingeführt wurde. So werden die Landräte in Schleswig-Holstein und in Baden-Württemberg weiter von den Kreistagen gewählt.

© dpa
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