Nach zwei Nachweisen der lebensgefährlichen Infektionskrankheit Diphtherie dringt Brandenburgs Gesundheitsministerium auf einen besseren Impfschutz. «Nur durch gute Impfquoten lässt sich verhindern, dass sich die Diphtherie verbreitet», erklärte ein Sprecher des Ministeriums auf Anfrage.
Es sei auch für Erwachsene wichtig, auf einen Impfschutz zu achten. «Wir rufen deshalb dazu auf, die von der Ständigen Impfkommission (...) empfohlenen Schutzimpfungen in Anspruch zu nehmen.»
10-Jähriger mit schweren Symptomen
Vor wenigen Tagen war nach Angaben des Ministeriums ein Rachendiphtherie-Fall nachgewiesen worden. «Es handelt sich um einen 10-jährigen ungeimpften Jungen», ergänzte der Sprecher.
Der Junge musste nach Angaben des Landkreises Havelland intensivmedizinisch behandelt werden. Er wurde invasiv beatmet. Laut Medienberichten soll das Kind in der Berliner Charité betreut worden sein. Ein Sprecher der Klinik wollte sich dazu mit Verweis auf die ärztliche Schweigepflicht nicht äußern. Auch zum Gesundheitszustand des Kindes machte er keine Angaben.
Durch eine Kontaktnachverfolgung durch das Gesundheitsamt im Havelland wurde wenig später die Krankheit bei einem weiteren Menschen aus dem familiären Umkreis des Kindes festgestellt. Aufgrund eines Impfschutzes habe die Person allerdings nur einen leichten Erkrankungsverlauf und sei bereits wieder negativ getestet worden, erklärte eine Sprecherin des Landkreises.
Schule des Kindes stellt Klassenkameraden frei
Der betroffene Junge geht auf eine Berliner Waldorf-Schule, lebt aber im brandenburgischen Havelland. «Die Information über den Befund haben wir am 28. September erhalten, waren dann mit dem Gesundheitsamt in Verbindung, das empfahl, die engeren Kontakte des Kindes auf Diphtherie testen zu lassen», sagte der Geschäftsführer der betroffenen Waldorfschule Havelhöhe in Berlin, Merten Bangemann-Johnson.
Neben anderen Maßnahmen wurden die Kinder der Klassenstufe des betroffenen 10-Jährigen für mehrere Tage vom Unterricht befreit. Aktuell bestehe laut Bangemann-Johnson keine erhöhte Diphtherie-Gefahr an der Schule. «Wir haben keinen anderen Gefährdungsstatus als andere Schulen.»
Gesundheitsministerium: Impfquote bei Kindern hoch
Trotz der Krankheitsfälle sieht der Sprecher des Brandenburger Gesundheitsministeriums aktuell keinen Grund zur Panik. «Bei den Kindern haben wir eine sehr hohe Impfquote, die über dem bundesweiten Schnitt liegt», erklärte er. Aufgrund der sehr hohen Impfquote bei Kindern bestehe keine Sorge, vor einer weiteren Ausbreitung. «Wichtig ist aber, dass auch Erwachsene den eigenen Impfschutz regelmäßig prüfen lassen. Das darf nicht vernachlässigt werden.»
Erkrankte Menschen können, im Fall einer Hautdiphterie, Wunden auf der Haut oder, im Fall einer Rachendiphterie, einen entzündeten Nasen-Rachen-Raum haben. Symptome einer Rachendiphtherie umfassen laut Robert Koch-Institut (RKI) unter anderem Halsschmerzen, Fieber, pfeifende Geräusche beim Einatmen und Schwellungen der Halslymphknoten - später kann eine Mandelentzündung auftreten. Die Erkrankung kann tödlich enden.
Impfungen senkte Zahl der Fälle rapide
Einst war die Diphtherie als «Würgeengel der Kinder» bekannt. 1892 erlagen der Infektion in Deutschland mehr als 50.000 meist junge Menschen. 1913 wurde die Impfung eingeführt, wodurch die Zahl der Infektionen deutlich sank. 20 Jahre lang galt die Krankheit in Deutschland sogar fast als ausgerottet.
In diesem Jahr gab es dem RKI zufolge in Deutschland bisher 37 bestätigte Fälle, davon zwei in Berlin. Seit Einführung des Infektionsschutzgesetzes 2001 liegen die Fallzahlen für Deutschland jährlich im ein- oder zweistelligen Bereich. Lediglich 2022 und 2023 wurden mehr als 100 Fälle registriert.
Eine Impfung gegen Diphtherie gehört zu den von der Ständigen Impfkommission (Stiko) empfohlenen Standardimpfungen für Säuglinge und Kinder und wird auch als Auffrischungsimpfung für Erwachsene alle zehn Jahre empfohlen.