Ball, Quietscheente, Knochen, Bär - manche Hunde können sich die Namen von Hunderten Spielzeugen merken. Die Erinnerung an solche Namen geht zudem mindestens zwei Jahre lang nicht verloren, wie eine Studie ungarischer Verhaltensforscher zeigt. Der Mensch sei also nicht die einzige Spezies, die sich Wörter längerfristig einprägen kann.
Da das Langzeitgedächtnis eine große Rolle bei der Sprachentwicklung spiele, sei es von großem Interesse, die Gedächtniskapazitäten von Tieren für Bezeichnungen und deren Zuordnungen zu ergründen, erläutert das Team im Fachjournal «Biology Letters».
Namen hunderter Objekte im Kopf
«Sitz», «Platz», «Bleib»: Solche handlungsbezogenen Befehle zu lernen, schaffen viele Hunde recht schnell. Auch «Hol den Ball» - also einzelne objektbezogene Anweisungen - wissen einige zu deuten.
Unter den Fellträgern gibt es aber auch absolute Supermerker, Gifted Word Learner (GWL) genannt. Oft sind das Border Collies, die als besonders lerneifrig und gelehrig gelten. Manche kennen die Namen von Hunderten Spielzeugen und bringen ihrem Besitzer das jeweils genannte.
Rico aus «Wetten, dass..?»
Vielen in Erinnerung geblieben ist der inzwischen verstorbene deutsche Border-Collie-Rüde Rico, der 1999 in der Fernsehsendung «Wetten, dass..?» bewies, dass er 77 Wörter den jeweiligen Spielzeugen zuordnen und die Gegenstände auf Kommando holen konnte.
Frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass solche Gifted Word Learner sich sehr schnell neue Objektbezeichnungen merken können. Sechs in Norwegen, Spanien, Brasilien, den USA, den Niederlanden und Ungarn lebende Hunde waren zum Beispiel in der Lage, innerhalb einer Woche die Namen von elf bis zwölf neuen Spielzeugen zu lernen. Tests dazu wurden über soziale Medien übertragen und begeisterten international Hundeliebhaber.
Wiedersehen nach zwei Jahren Schublade
Danach ging das Experiment aber weiter, wie das Forschungsteam um Shany Dror von der Eötvös-Loránd-Universität in Budapest nun berichtet: Die Hundebesitzer wurden gebeten, die erlernten Spielzeuge so zu lagern, dass die Hunde sie nicht sehen konnten. «Wir haben zwei Jahre gewartet und dann beschlossen, die Hunde erneut zu testen, um zu sehen, ob sie sich noch an die Namen der Spielzeuge erinnern», so Dror.
Drei der Border Collies (Max, Whisky und Gaia) wurden mit zwölf der einst verwendeten Spielzeuge getestet, einer mit elf (Squall) und einer mit fünf (Rico). Die Zahl variierte, weil einige Besitzer manche Objekte nicht wiederfanden.
Lob und Leckerli
Beim Test stellten die Halter einige dieser Spielzeuge zusammen mit Objekten aus der ständig genutzten Sammlung ihres Hundes in einem Raum auf. Dann setzten sie sich in ein angrenzendes Zimmer außer Sichtweite und forderten den Hund jeweils auf, ein bestimmtes Spielzeug zu holen. Für richtig erkannte gab es Leckerlis und Lob.
Kameras in beiden Räumen waren mit einer Online-Plattform verbunden, über die die Experimentatoren das Verhalten der Hunde in Echtzeit beobachten konnten. «Nach zwei Jahren fiel es uns allen schwer, uns an die Namen der Spielzeuge zu erinnern, sagte Dror, «aber nicht den Hunden.» Von den fünf getesteten Fellnasen hatten demnach vier die Namen von 60 bis 75 Prozent der zwei Jahre zuvor erlernten Gegenstände noch parat.
«Wir wissen, dass Hunde sich an Ereignisse mindestens 24 Stunden und an Gerüche bis zu ein Jahr lang erinnern können», erklärte Claudia Fugazza, die Leiterin der Forschungsgruppe. Nun sei gezeigt worden, dass sich zumindest besonders talentierte Hunde Wörter mindestens zwei Jahre lang merken können.
Nicht für jeden geeignet
Die faszinierende Gelehrigkeit von Border Collies lässt viele Menschen darüber nachdenken, sich ein Tier dieser Hütehund-Rasse anzuschaffen. Fachleute warnen aber immer wieder davor, dass das gut überlegt sein muss. Ein Border Collie ist demnach wegen der anspruchsvollen Erziehung kein geeigneter Hund für Anfänger. Als echter Workaholic unter den Hunden braucht er zudem außergewöhnlich viel Bewegung, Beschäftigung und geistige Auslastung.
Besitzer sollten also viel Zeit haben, sich gern und ausgiebig mit dem Tier zu beschäftigen und mindestens so ausdauernd sein wie ihr Hund. Arbeitseifer und Rastlosigkeit der Rasse können sonst sehr schnell in schwere Verhaltensstörungen münden - aus dem Traumhund wird ein Problemhund, der seine Besitzer verzweifeln lässt.
Ursprünglich wurden Border Collies als Hütehunde vor allem für Schafe eingesetzt. Unter anderem durch Filme wie «Ein Schweinchen namens Babe» wurde die Rasse vielerorts zum Modehund.
Mitmachen erwünscht
Die Forschung des Teams um Dror ist Teil des Projekts «Genius Dog Challenge», bei dem die Talente von Hunden mit großem Wortschatz untersucht werden. Hundebesitzer, die ein besonders begabtes Exemplar besitzen, sind aufgerufen, sich zu melden und bei dem Projekt mitzumachen, via Mail - info@geniusdogchallenge.com - oder via Facebook und Instagram.