Gesperrte Straßen und Wege stellen Verkehrsteilnehmer in vielen hessischen Städten zurzeit auf eine Geduldsprobe. «Der Sanierungsbedarf der Straßen ist sehr hoch», sagt ein Sprecher des Hessischen Städtetags in Wiesbaden. Alleine zu stemmen sei dies nicht: «Es sind erhebliche Summen, die wir insbesondere vom Bund und auch vom Land erwarten in dieser Frage.» In einigen Städten sorge zudem der Fernwärmeausbau für Baustellen.
Das gilt beispielsweise für die Landeshauptstadt Wiesbaden, wie eine Sprecherin des Baudezernats mitteilt. Autofahrer werden zudem auf vielen Strecken auf eine Geduldsprobe gestellt, da Baustellen nach der Teil-Eröffnung der neuen Brücke der Autobahn 66 nachgeholt werden. «Durch die Havarie der Salzbachtalbrücke und die damit einhergehende zwangsweise Umleitung des Verkehrs durch die Wiesbadener Innenstadt wurden viele größere Baumaßnahmen über einige Jahre geschoben», sagt die Sprecherin.
Wiesbaden arbeitet Stau ab
Seit Dezember 2023 müsse der «Bau- und Sanierungsstau» mit einer erhöhten Bautätigkeit über die nächsten Jahre abgearbeitet werden. Dazu kommen ungeplante Baustellen. Nachdem Mitte Oktober an einer der Hauptverkehrsachsen die Fahrbahn eingebrochen war, musste sofort mit den Arbeiten begonnen werden, mehrere Fahrstreifen wurden gesperrt.
In Frankfurt gibt es derzeit 190 Baustellen im sogenannten Grundstraßennetz, also auf den Hauptstraßen. Das seien zwar weniger als im Vorjahr, dafür sei der Anteil von Teil- und Vollsperrungen höher, teilt eine Sprecherin des Mobilitätsdezernats mit. Gebaut werden an Straßen und Brücken, mit jeweils sehr unterschiedlichen Auswirkungen auf den Verkehr.
Auch in Frankfurt geht es zudem um den Ausbau von Leitungen etwa für schnelles Internet und Fernwärme. «Baumaßnahmen mit größeren Eingriffen im Fahrbahnbereich haben zugenommen und werden in den Folgejahren auch spürbar weiter zunehmen», sagt die Sprecherin.
Extra-Shuttlebus unterwegs
Nach Möglichkeit werde versucht, Baustellen zusammenzulegen. Wenn die Auswirkungen besonders drastisch sind, greife man auch mal zu ungewöhnlichen Maßnahmen: Während der zweijährigen Sperrung der auch für Fußgänger wichtigen Camberger Straße, die über eine Brücke in der Nähe des Hauptbahnhofs führt, wurde extra ein Shuttlebusverkehr eingerichtet.
Mehr und mehr Baustellen gibt es auch in Kassel, wo ebenfalls der Ausbau von Glasfaser und Fernwärme vorangetrieben wird. «Während früher in Summe pro Jahr ca. 2.500 bis 3.000 verkehrsrechtliche Anordnungen für kleinere und größere Baustellen im öffentlichen Verkehrsraum abzuwickeln waren, liegt diese Zahl in Kassel seit wenigen Jahren in der Größenordnung von 4.000 pro Jahr, Tendenz steigend», teilt ein Sprecher mit.
Es werde versucht, die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten. Doch es werde immer schwieriger, «die vielen Maßnahmen pro Jahr überhaupt noch räumlich und zeitlich so zu schachteln, dass die Verkehrsfunktion des Straßennetzes erhalten bleibt».
Ein Viertel der Straßen sanierungsbedürftig
Etwa ein Viertel der Straßen seien sanierungsbedürftig. «Der Zustand der Brücken insgesamt ist etwas besser, allerdings ist auch hier bereits klar, dass in absehbarer Zeit einige Bauwerke ersetzt werden müssen», heißt es aus Kassel. 41 Millionen Euro müssten pro Jahr eigentlich in die Straßen- und Brückeninfrastruktur fließen. Mehr als 25 Millionen hätten zuletzt aber nicht aufgebracht werden können.
Die marode Rheinstraßenbrücke ist Darmstadts größte Baustelle, sie gehört zu einem Hauptzubringer für den Straßenverkehr in die Innenstadt. Die alte Brücke muss abgebrochen werden, mit der Eröffnung des Neubaus sei nicht vor Ende 2029 zu rechnen, teilt die Stadt mit. In Straßen, Brücken, Geh- und Radwege seien in den vergangenen zehn Jahren viele Millionen Euro investiert worden. Neben der Erneuerung von Straßen gibt es auch in Darmstadt viele Baustellen für den Glasfaserausbau und erneuerte Versorgungsleitungen.
In Gießen sind es dieses Jahr zwar weniger Baustellen als im Jahr zuvor, doch viele der großen Einfallstraßen und anderen Straßen seien sanierungsbedürftig, teilt eine Sprecherin der Stadt mit. An vielen Stellen sei die Erneuerung in den vergangenen Jahren aber auch schon angegangen worden.
Umleitung für alle in Hanau
In Hanau ist seit dem Sommer die Brücke am Hauptbahnhof und damit eine der wichtigsten Verkehrsadern der Stadt gesperrt. Nicht nur Autofahrer, sondern auch Radler, Fußgänger und der Busverkehr müssen Umleitungen in Kauf nehmen, um von südlich gelegenen Teilen der Brüder-Grimm-Stadt in die Innenstadt zu kommen. Die 1958 erbaute Brücke wird durch eine Nachfolgerin ersetzt. Der Abbruch des ersten von zwei Teilabschnitten der Bestandsbrücke soll im Dezember beginnen. Dreieinhalb Jahre wird es dauern, bis das neue Bauwerk fertiggestellt ist.