Die beiden großen christlichen Kirchen haben im vergangenen Jahr durch Austritte und Todesfälle zusammen mehr als eine Million Mitglieder verloren. Als gute Nachricht interpretierten Kirchenvertreter, dass die Zahl der Austritte nicht mehr ganz so hoch ist wie in den Vorjahren. Die Zahl der Katholiken fiel im vergangenen Jahr erstmals unter die Marke von 20 Millionen, die der Protestanten unter die Marke von 18 Millionen.
Wie die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in Hannover mitteilte, waren Ende 2024 17.980.000 Menschen Mitglied in der evangelischen Kirche. Ende 2023 waren es noch 18.560.000 gewesen. Die evangelische Kirche verlor also 580.000 Mitglieder.
Zahl der Katholiken fällt unter die Marke von 20 Millionen
Die Zahl der Katholiken betrug nach vorläufigen Zahlen der Deutschen Bischofskonferenz Ende 2024 noch 19.769.237. Ein Jahr zuvor waren es 20.345.872 Millionen. Demnach büßte die katholische Kirche 576.635 Mitglieder ein. Katholiken machen den Zahlen zufolge jetzt noch 23,7 Prozent der Gesamtbevölkerung aus.
Die Zahl der Kirchenaustritte ging im Vergleich zu 2023 zurück, bei den Protestanten um 8,2 Prozent. 2024 traten demnach 345.000 Menschen aus der evangelischen Kirche aus. Bei den Katholiken lag die Zahl der Kirchenaustritte den Angaben zufolge bei 321.611. 2023 hatten 402.694 Katholiken der Kirche den Rücken gekehrt.
Eine weitere Auffälligkeit: Das Erzbistum Köln von Kardinal Rainer Maria Woelki ist nicht mehr das mitgliederstärkste Bistum in Deutschland, sondern fiel hinter das Bistum Münster zurück. Das Erzbistum Köln hat der Statistik zufolge nun noch 1,627 Millionen Mitglieder, Münster kommt auf 1,630 Millionen.
Kirchenrechtler kritisiert «Totengräber» Woelki
Es sei heute keine Selbstverständlichkeit mehr, dass Menschen einer Kirche angehören, sagte die EKD-Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs. Dabei seien Begleitung und Seelsorge in den aktuellen Zeiten unübersichtlicher Krisen immer wichtiger. «Unsere Gesellschaft ist mehr denn je darauf angewiesen, dass sich Menschen zivilgesellschaftlich engagieren - auch in Kirche und Diakonie», sagte Fehrs.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, räumte ein, die Lage der Kirche in Deutschland sei nicht einfach und von einer großen Vertrauenskrise geprägt. «Wir wollen nichts beschönigen, aber auch nicht depressiv werden», so Bätzing. «Im Gegenteil: Wir stellen uns unserer Verantwortung. Dazu gehört auch die Aufarbeitung der Verbrechen sexuellen Missbrauchs.»
Die katholische Reformbewegung «Wir sind Kirche» betonte, die etwas zurückgegangene Zahl der Kirchenaustritte sei keine Trendwende. Die Statistik sei vielmehr ein «beunruhigendes Zeichen des kontinuierlichen Schrumpfungsprozesses der römisch-katholischen Kirche in Deutschland».
Der katholische Kirchenrechtler Thomas Schüller sagte der Deutschen Presse-Agentur, heute müsse man begründen, warum man in der Kirche bleibe - und nicht mehr, warum man gehe. Einen Weg, um neue Mitglieder zu gewinnen, habe die Kirche noch nicht gefunden. «Die katholische Kirche verwaltet noch zu sehr ihre finanzielle und politische Macht, vergisst darüber aber, das Evangelium authentisch zu verkünden», kritisierte Schüller. Im Erzbistum Köln könne man sehen, wie mangelnde Glaubwürdigkeit des Erzbischofs Woelki die Leute in Scharen aus der Kirche treibe: «Solche Totengräber werden der Kirche weiter Schaden zufügen.»