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BGH prüft Urteil gegen Lina E. nach Angriffen auf Neonazis

Lina E. ist nicht dabei, aber zweieinhalb Stunden geht es am BGH nur um sie. Das höchste deutsche Strafgericht prüft, ob das Oberlandesgericht Dresden Angriffe auf Rechtsextreme korrekt bewertet hat.
BGH verhandelt zu Verurteilung von Lina E.
BGH verhandelt zu Verurteilung von Lina E.
BGH verhandelt zu Verurteilung von Lina E.

Es geht um brutale Angriffe vorwiegend auf Rechtsextreme, kriminelle Strukturen mit Ausspähungen potenzieller Opfer und Kampftrainings sowie die Rolle von Lina E.: Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe über die Verurteilung der Linksextremistin verhandelt. Es könnte sein, dass sich das Oberlandesgericht (OLG) Dresden noch einmal zumindest mit Teilen des Falls befassen muss.

Es hatte E. 2023 nach mehreren teils lebensgefährlichen Angriffen auf tatsächliche und vermeintliche Anhänger der rechten Szene in Sachsen und Thüringen unter anderem wegen der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen. Das Urteil lautete: Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten. 

Sowohl die Bundesanwaltschaft als auch die Verteidigung der heute 29-Jährigen, die nicht nach Karlsruhe kam, legten Revision ein. Am BGH beantragten beide Seiten, unterschiedliche Teile des mehr als 400 Seiten langen Urteils aufzuheben und zur neuen Entscheidung zurückzuverweisen.

War Lina E. eine Rädelsführerin?

Ein Argument dabei ist, dass der BGH im vergangenen Jahr - also nach dem Dresdener Urteil - seine Rechtssprechung zur Mitgliedschaft in kriminellen Vereinigungen geändert hat. Es geht dabei darum, wie weitere Taten wie Körperverletzungen oder Sachbeschädigungen rechtlich zu bewerten sind. Diese neue Sichtweise sprachen sowohl die Verteidigung und die Bundesanwaltschaft als auch der Vorsitzende Richter Jürgen Schäfer an.

Am höchsten deutschen Strafgericht ging es zudem um die Frage, ob Lina E. als Rädelsführerin agierte. Das OLG hatte ihr zwar eine herausgehobene Stellung in der Gruppe attestiert, eine Rädelsführerschaft aber verneint. Dagegen wehrte sich die Bundesanwaltschaft in ihrer Revisionsbegründung. Am BGH wechselte die Behörde aber den Kurs. Eine reine Beteiligung von E. an «Szenariotrainings» und Angriffen reiche für die Einstufung nicht aus, so Bundesanwalt Matthias Krauß. «Sie muss an der Führung mitwirken, sie muss sagen, wo es lang geht, und das scheinen hier die Urteilsfeststellungen nicht herzugeben.»

Er sprach schon in der Einführung von einem sehr komplexen, komplizierten Sachverhalt. Es gehe um ein größeres Personengeflecht und verschiedene Taten. Das OLG habe schauen müssen, wer an welcher Aktion beteiligt war. 

«Das Oberlandesgericht hat hier eine sehr sorgfältige Beweiswürdigung gemacht, hat alle Indizien be- und entlastend gegeneinander abgewogen und ist meines Erachtens in allen Fällen bis auf einen Ausnahmefall zu zutreffenden Ergebnissen gekommen», sagte Krauß nach rund zweieinhalb Stunden Verhandlung. Bei der Ausnahme geht es um einen Teilfreispruch für eine Tat. 

Urteil soll im März fallen

Richter Schäfer sagte zum Abschluss der Sitzung, die Verhandlung habe sicher dem einen oder anderen im Detail an mancher Stelle zu denken gegeben. Sein Urteil will der dritte Strafsenat am BGH am 19. März sprechen.

Vor dem Gerichtsgebäude versammelten sich einige Dutzend Sympathisanten von E. Unter anderem hatte die Karlsruher Ortsgruppe der «Roten Hilfe» zu einer Kundgebung aufgerufen, «um den Prozess durch solidarische Präsenz zu begleiten». Auf Plakaten war der Schriftzug «Free Lina» zu sehen. Die Teilnehmer forderten laut rufend «Freiheit für alle politischen Gefangenen».

Zahlreiche Polizisten waren im Einsatz, die Zufahrten zum BGH absperrten. Dieser hatte für die Verhandlung die Anmelde- und Zugangsregelungen für Pressevertreter und Zuschauer verschärft. Bis alle im Saal waren, dauerte es entsprechend. Das Verfahren startete mit einer halben Stunde Verspätung.

E. ist derzeit auf freiem Fuß. Der Haftbefehl gegen sie wurde mit dem Dresdener Urteil nach zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft unter Auflagen außer Vollzug gesetzt. Die Reststrafe muss sie erst verbüßen, wenn das Urteil rechtskräftig werden sollte. In der Regel klicken dann nicht sofort die Handschellen, sondern es folgt eine Ladung zum Haftantritt.

Weitere mutmaßliche Komplizen in Untersuchungshaft

Die Gruppe um E. hat zuletzt häufiger Schlagzeilen gemacht. Im November ließ die Bundesanwaltschaft einen lange untergetauchten mutmaßlichen Komplizen festnehmen: Johann G. Auch er soll laut der Behörde innerhalb der Gruppe eine herausgehobene Stellung eingenommen und unter anderem im Februar 2023 mit anderen in der ungarischen Hauptstadt Budapest Menschen angegriffen haben, die aus ihrer Sicht zum rechten Spektrum zählten.

Im Zusammenhang mit dem Überfall stellten sich sieben untergetauchte Personen im Januar den Behörden. Ihre Verteidiger wollen eine Auslieferung nach Ungarn verhindern und fordern Strafverfahren in Deutschland. Denn: Ihren Mandanten drohe in Ungarn eine Verurteilung zu einer «überlangen Haftstrafe» von bis zu 24 Jahren, das dortige Verfahren genüge rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht, die Haftbedingungen seien menschenunwürdig.

Aufsehen erregte im Sommer ein weiterer Fall in dem Komplex. Eine Person, die sich als non-binär identifiziert und als «Maja» bekannt ist, wurde Ende 2023 in Berlin verhaftet und im Juni nach Ungarn ausgeliefert. Das Bundesverfassungsgericht untersagte dies zwar im Eilverfahren - doch da war «Maja» schon kurz zuvor den ungarischen Behörden übergeben worden. Heute erklärte das Gericht auch in der Hauptsache: Die Auslieferung war unzulässig.

© dpa
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