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Mutmaßlicher Kopf von Linksextremisten-Gruppe gefasst

Nach ihm war jahrelang gefahndet worden. In Thüringen nimmt die Polizei nun einen mutmaßlicher Rädelsführer aus der linksextremen Szene in Leipzig fest. Er gilt den Behörden als Schlüsselfigur.
Urteilsverkündung im Prozess gegen Lina E.
Proteste nach Urteil gegen Lina E. - Leipzig

Die Polizei hat in Thüringen einen schon vor Jahren untergetauchten mutmaßlichen Rädelsführer der gewalttätigen linksextremen Szene festgenommen. Nach Informationen aus Sicherheitskreisen wird er der Gruppe «Antifa Ost» zugerechnet, der die bereits verurteilte Leipziger Studentin Lina E. angehörte. Zuerst hatte die «Bild»-Zeitung berichtet. 

Bei der Festnahme in einem Regionalzug nahe Weimar handelt es sich nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur nicht um einen Zufallstreffer. Vielmehr waren Fahnder dem früheren Lebensgefährten von Lina E. schon eine Weile auf der Spur. An dem Zugriff seien Polizeikräfte des Landeskriminalamts Sachsen und des Bundeskriminalamts (BKA) beteiligt gewesen, hieß es. Der 31-Jährige gilt als Kopf der Gruppe, die mit brutalen Angriffen auf bekannte Rechtsextremisten und tatsächliche oder auch vermeintliche Angehörige der rechten Szene aufgefallen war. Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) bezeichnete ihn als «das zentrale Puzzleteil im gesamten Ermittlungskomplex» gegen die Gruppe.

Die Bundesanwaltschaft bestätigte, man habe den Mann aufgrund eines Haftbefehls des Ermittlungsrichters am Bundesgerichtshof festnehmen lassen. Wann er dem Ermittlungsrichter vorgeführt wird, der ihm den Haftbefehl eröffnet und über die Untersuchungshaft entscheidet, war zunächst unklar.

Die Festnahme zeige, «niemand kann sich im Untergrund sicher fühlen», sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). «In linksextremistischen Gruppen sind Hemmschwellen gesunken, politische Gegner auch mit äußerster Brutalität anzugreifen.» Diese Spirale von Radikalisierung und Gewalt müsse gestoppt werden. Faeser sprach von einem wichtigen Fahndungserfolg, insbesondere des LKA Sachsen.

Hass auf Polizisten

Nach dem mutmaßlichen Linksextremisten war auch öffentlich gefahndet worden. Er gilt nach Angaben des Generalbundesanwalts und des LKA Sachsen als dringend verdächtig, sich als Mitglied einer kriminellen Vereinigung an mehreren politisch motivierten körperlichen Übergriffen beteiligt zu haben. Die Opfer erlitten den Angaben nach zum Teil erhebliche Verletzungen. 

Für entscheidende Hinweise, die zu seiner Festnahme führen, hatten die Behörden eine Belohnung von 10.000 Euro ausgelobt. Zu den von der Polizei veröffentlichten Fotos des Mannes gehört ein Bild auf dem zwei Hände mit der Tätowierung «HATE COPS» (auf Deutsch: Hasse Polizisten) auf den Fingern zu sehen sind. Der nun Festgenommene soll in der linksextremistischen Szene nicht unumstritten gewesen sein, allerdings eher aufgrund seiner Persönlichkeit, nicht wegen ideologischer Differenzen.

Haftbefehl seit 2021

Der Haftbefehl gegen den Mann, der spätestens seit Sommer 2020 untergetaucht ist, datiert vom 26. März 2021. Die Ermittler waren nach früheren Angaben des sächsischen LKA «ziemlich sicher», dass er auch an Attacken auf mutmaßliche Anhänger der rechtsextremen Szene in Ungarns Hauptstadt Budapest im Februar 2023 beteiligt war. 

Das Oberlandesgericht Dresden (OLG) hatte Lina E. im Mai 2023 wegen mehrerer Angriffe auf Rechtsextremisten zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Trotzdem kam sie nach zweieinhalb Jahren Untersuchungshaft zunächst frei. Der Haftbefehl wurde unter Auflagen außer Vollzug gesetzt. Die Reststrafe muss sie erst verbüßen, falls das Urteil rechtskräftig wird. 

Für ihre drei Mitangeklagten verhängte die Staatsschutzkammer des OLG Freiheitsstrafen zwischen zweieinhalb Jahren und drei Jahren und drei Monaten. Der Generalbundesanwalt warf ihnen vor, zwischen 2018 und 2020 tatsächliche oder vermeintliche Anhänger der rechten Szene in Leipzig, Wurzen und Eisenach brutal zusammengeschlagen zu haben. In dem Prozess fiel immer wieder auch der Name des jetzt gefassten Tatverdächtigen. Aus Sicherheitskreisen heißt es, rund ein Dutzend Mitglieder der Gruppe seien noch untergetaucht.

Solidaritätskundgebungen nach Auslieferung nach Ungarn

In den vergangenen Monaten hatte es in mehreren deutschen Städten Protestkundgebungen gegen die Auslieferung einer mutmaßlich linksextremistischen Person nach Ungarn gegeben. Das Bundesverfassungsgericht hatte den Vorgang per Eilentscheidung untersagt – allerdings kam die Entscheidung zu spät. Die als «Maja» bekannte Person war eine Stunde zuvor an die ungarischen Behörden übergeben worden.

Hintergrund ist ein Strafverfahren, das die ungarische Justiz wegen Angriffen auf vermutete Rechtsextremisten in Budapest führt. Daran soll auch «Maja» beteiligt gewesen sein. Bei ihr handelt es sich um eine in Jena geborene Person, die sich selbst als non-binär identifiziert. Laut Bundesverfassungsgericht werfen die ungarischen Behörden «Maja» vor, seit 2017 Mitglied einer kriminellen Vereinigung zu sein. Sie war im vorigen Dezember in Berlin festgenommen worden und saß seitdem in Haft.

Redaktionshinweis: In einer früheren Version war bei der Fahhnung von der Generalbundesanwaltschaft die Rede. Richtig muss es jedoch heißen: Generalbundesanwalt.

© dpa ⁄ Anne-Beatrice Clasmann und Jörg Schurig, dpa
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