Zwei Tage nach dem Anschlag auf eine Demonstration in München gibt es neben vielen Verletzten auch Tote zu beklagen. Die Opfer: eine Mutter und ihr zwei Jahre altes Kind. Die 37-jährige Frau und ihre Tochter seien beide am Samstag gestorben, teilte das bayerische Landeskriminalamt mit. Sie waren am Donnerstag bei dem Demonstrationszug der Gewerkschaft Verdi gewesen, in den ein 24-jähriger Afghane mit seinem Auto gefahren war. Mindestens 39 Menschen wurden verletzt, darunter auch die Mutter und ihr Kind.
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Frau arbeitete bei Stadt München
«Es zerreißt einem das Herz», schrieb Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf der Plattform X. «All das tut so weh und ist so sinnlos. Ganz Bayern trauert.» Man sei in Gedanken bei den Angehörigen und hoffe und bete für die Verletzten. Nach Angaben von Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hatte die 37-Jährige bei der Stadt München gearbeitet. «Der Schmerz ist nicht in Worte zu fassen. Wir werden der Familie alle nur erdenkliche Unterstützung in dieser düsteren Zeit anbieten», sagte Reiter.
Scholz dankt Rettungskräften
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte die Abschiebung des Täters an. «Er wird nach dem Verbüßen seiner Strafe auch in das Land zurückgeführt, wo er herkommt», sagte Scholz in München bei einer Wahlkampfveranstaltung in München. Wer eine derartige Tat begehe, könne sich «auf gar nichts mehr berufen». Der 24-jährige Afghane müsse für seine «unverzeihliche Tat» verurteilt werden.
Am Nachmittag hatte Scholz in Begleitung von Bundesjustizminister Volker Wissing und Reiter eine weiße Rose an einer improvisierten Gedenkstätte am Ort des Anschlags niedergelegt. Zuvor traf er sich mit Rettungs- und Einsatzkräften und dankte ihnen. Solche Dinge forderten auch die heraus, die in einer solchen Lage helfen würden. «Sie haben schreckliche Dinge gesehen, Sie haben Menschen in größter Not geholfen und müssen das natürlich auch selber verarbeiten», sagte Scholz. «Wir alle müssen jetzt zusammenstehen und dafür sorgen, dass unser Land zusammenhält.»
Trauer «schier unermesslich»
Tief berührt zeigte sich die Gewerkschaft Verdi, deren Demonstration Ziel des Anschlags war. «Die Trauer über das Leid der Opfer des Anschlags von München wird so schier unermesslich», schrieb der Vorsitzende Frank Werneke. «Wir trauern mit den Angehörigen und der gesamten Familie, sind in Gedanken bei ihnen und wünschen ihnen so viel Kraft, wie sie nun dringend brauchen.» Ähnliche Worte wählte die bayerische Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU): «Ich bin in Gedanken bei der Familie des kleinen Kindes und seiner Mutter. Keine Worte können helfen oder gar trösten.»
Täter spricht in Vernehmung von Absicht
Die Ermittler gehen derzeit davon aus, dass die Tat einen islamistischen Hintergrund hat. Der Fahrer sitzt inzwischen in Untersuchungshaft. Als Anhaltspunkt für die islamistische Motivation hatte die Leitende Oberstaatsanwältin der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) der Generalstaatsanwaltschaft München, Gabriele Tilmann, am Freitag unter anderem die Aussage von Polizisten genannt, der Fahrer habe nach der Tat «Allahu Akbar» gerufen.
Der 24-Jährige habe in einer Vernehmung auch eingeräumt, den Wagen absichtlich in das Ende des Verdi-Demonstrationszugs gesteuert zu haben. Die Aussagen deuteten auf eine religiöse Motivation hin, sagte Tilmann am Freitag. Details zu den Äußerungen während der Vernehmung wollte sie nicht nennen.
Die Ermittlungen stünden zwar noch am Anfang, betonte Tilmann. Sie traue sich aber, nach derzeitigem Stand von der Annahme eines islamistischen Hintergrunds zu sprechen. Unter anderem seien Chats auf dem Smartphone des Fahrers ausgewertet worden.
Bundesanwaltschaft hat Ermittlungen übernommen
Aufgrund der besonderen Bedeutung des Falls übernahm am Freitagabend die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen. «Es besteht der Verdacht, dass die Tat religiös motiviert war und als Angriff auf die freiheitliche demokratische Grundordnung zu verstehen ist», teilte die oberste Anklagebehörde in Deutschland in Karlsruhe mit. Die Tat sei geeignet, die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen. Die kriminalpolizeilichen Ermittlungen führt weiter das Bayerische Landeskriminalamt.
Der Afghane hatte sich den Ermittler Ermittlern zuletzt rechtmäßig in Deutschland aufgehalten. Wie aus einem Gerichtsurteil gegen die Ablehnung seines Asylantrags aus dem Oktober 2020 hervorgeht, soll er über seine Fluchtgeschichte gelogen haben. Im April 2021 erließ die Stadt München jedoch einen Duldungsbescheid und im Oktober 2021 eine Aufenthaltserlaubnis für den 24-Jährigen.
Spendenaufruf für Anschlagsopfer
Der DGB und der Verein «Gewerkschaften helfen» riefen zu Spenden auf. «Unsere Gedanken sind bei allen Betroffenen und ihren Familien», heißt es in dem Aufruf. Man wünsche allen Verletzten Genesung. «Doch Worte allein reichen nicht – jetzt ist konkrete Hilfe, jetzt ist unsere Solidarität gefragt!» Mit den Spenden wolle man Betroffene und deren Familien unterstützen, «um die medizinische Versorgung zu stemmen, den Alltag neu zu organisieren und einfach wieder Mut zu fassen», hieß es.