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Wie geht es nach der Wahl in Frankreich weiter?

Nach der Parlamentswahl muss Frankreich eine Regierung finden. Doch die Mehrheitsverhältnisse sind mit dem Überraschungssieg der Linken kompliziert. Was das für Macron, Le Pen und Frankreich heißt.
Parlamentswahl in Frankreich
Parlamentswahl in Frankreich
Parlamentswahl in Frankreich
Parlamentswahl in Frankreich
Parlamentswahl in Frankreich

Die Ereignisse bei der Parlamentswahl in Frankreich haben sich überschlagen. Überraschend gewinnt das linke Lager. Die Rechtsnationalen legen zu, haben aber keine Chance auf eine eigene Regierung. Präsident Emmanuel Macron hält Premier Gabriel Attal samt der bisherigen Regierung vorläufig geschäftsführend im Amt. Wie geht es in Frankreich weiter? 

Kommt das Linksbündnis jetzt an die Macht?

Das zumindest fordern die Spitzen des Bündnisses Nouveau Front Populaire als stärkste Kraft in der Nationalversammlung. Sie wollen noch in dieser Woche einen Kandidaten für das Amt des Premierministers bestimmen. Als Präsident obliegt es Macron, den Premierminister zu ernennen. Ob er dem Vorschlag des Linksbündnisses folgt oder jemand anderes aus dem Lager mit der Regierungsbildung beauftragt, ist nicht abzusehen.

Trotz ihres Überraschungserfolgs bleiben die Linken weit von einer absoluten Mehrheit entfernt. Damit könnten die anderen Fraktionen eine linke Regierung nicht nur per Misstrauensvotum stürzen. Auch haben die vergangenen zwei Jahre, in denen das Macron-Lager nur eine relative Mehrheit in der Parlamentskammer hatte, gezeigt, wie schwer es in Frankreich ist, ohne absolute Mehrheit zu regieren. Ob dies den Linken besser gelingen würde, ist unklar, zumal sie noch über weit weniger Sitze verfügen als Macrons Mitte-Kräfte vor der Auflösung der Nationalversammlung vor wenigen Wochen.

Theoretisch ist auch eine Koalition aus Linken und Mitte-Kräften möglich. Aus dem Linksbündnis heraus kamen jedoch bereits klare Absagen an eine solche Allianz.

Wer verbirgt sich hinter dem Linksbündnis und wie stabil ist dieses?

Im neuen Linksbündnis haben sich Grüne, Sozialisten, Kommunisten und Frankreichs Linkspartei zusammengeschlossen. Bereits vor der Parlamentswahl vor zwei Jahren raufte sich Frankreichs zuvor lange zerstrittene Linke zum Bündnis Nupes zusammen und wurde stärkstes Oppositionslager. Der Zusammenschluss war ein Coup des Gründers der Linkspartei La France insoumise, Jean-Luc Mélenchon. Das Nupes-Bündnis zerstritt sich in den letzten Monaten allerdings gründlich, insbesondere wegen des propalästinensischen Kurses der Linkspartei und dem Auftreten von Mélenchon.

Wesentlich ausgeglichenere Führungspersonen im Linksbündnis sind der Spitzenkandidat der Sozialisten bei der Europawahl, Raphaël Glucksmann, und die Generalsekretärin der Grünen, Marine Tondelier. Beide könnten noch eine wichtige Rolle spielen.

Hat Macron zu hoch gepokert?

Ursprünglich hatte Macron mit der kurzfristig vorgezogenen Parlamentswahl die Machtbasis seines Mitte-Lagers im Parlament verbreitern wollen, idealerweise auf eine absolute Mehrheit, um wieder schlagkräftig regieren zu können. Frankreichweit kassierte Macron auch aus den eigenen Reihen massive Kritik für den riskanten Schritt, Neuwahlen anzusetzen. Die erste Runde ließ dann einen für Macron desaströsen Ausgang befürchten. Vor der absoluten Blamage ist Macron nun zwar bewahrt geblieben, sein Kalkül aber ging nicht auf und er steht geschwächt vor einem politisch vorerst gelähmten Frankreich.

Welchen Zeitplan gibt es für die Regierungsbildung?

Hierzu gibt es keine genauen Vorgaben. Macron könnte mit der Ernennung eines Premiers auch bis nach der parlamentarischen Sommerpause warten. Allerdings kommt das neu gewählte Parlament am 18. Juli zu seiner ersten Sitzung zusammen. Dabei wird die Parlamentspräsidentin oder der Parlamentspräsident gewählt. Am Folgetag wird über die Vizepräsidenten und die Besetzung von Ausschüssen entschieden.

Was passiert, wenn keine Regierung gefunden wird?

Wenn keines der politischen Lager eine absolute Mehrheit erhält oder in einer Koalition oder unter Duldung zur Bildung einer Regierung in der Lage ist, kann Macron Premierminister Premier Attal samt der Übergangsregierung bitten, noch eine Weile geschäftsführend im Amt zu bleiben. Diese Übergangszeit kann etliche Wochen dauern, auch mit Blick auf die Olympischen Spiele, die am 26. Juli in Paris starten, sowie die politische Sommerpause. Macron könnte dann eine aus Experten, hohen Verwaltungskräften und Ökonomen zusammengestellte technische Regierung bilden. Eine Auflösung des Parlaments und Neuwahlen sind erst in einem Jahr wieder möglich.

Was sind die Auswirkungen auf Deutschland und Europa?

Das ist nicht klar. Das Linksbündnis hat die Führungsfrage bisher offen gelassen und auch kein gemeinsames Programm. Insofern ist noch nicht ausgemacht, welche Politik es umsetzen will, wenn es an die Regierung kommt. Fest steht aber, dass das Bündnis bis auf einzelne Teile am linken Rand klar proeuropäisch eingestellt ist und auch fest zur Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg steht.

Bei politischem Stillstand in Frankreich könnten Berlin und Brüssel nicht weiter auf Frankreich als starken Partner setzen. Das Land wäre mehr auf das Verwalten als auf das Anstoßen neuer Vorhaben ausgerichtet.

Profitieren Le Pens Rechtsnationale dennoch vom Wahlausgang?

Auch wenn das Rassemblement National anders als prognostiziert nicht stärkste Kraft geworden ist und selbst hinter dem Präsidentenlager landen könnte, verbucht die Partei von Marine Le Pen erhebliche Zugewinne in der Nationalversammlung. Sie ist dort stärker denn je vertreten. Damit wächst der Einfluss der Partei in der Parlamentsarbeit und sie erhält mehr Geld aus der Parteienfinanzierung, mit dem sie bereits die Vorbereitung der Präsidentschaftswahl 2027 und der spätestens dann auch anstehenden nächsten Parlamentswahl vorbereiten kann.

 

© dpa ⁄ Rachel Boßmeyer, Michael Evers und Regina Wank, dpa
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