Ungeachtet chinesischer Proteste ist die Deutsche Marine mit zwei Schiffen in die umstrittene Meerenge zwischen China und Taiwan eingefahren. Verteidigungsminister Boris Pistorius wies in Berlin auf das Recht hin, internationale Gewässer ungehindert zu nutzen. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes machte deutlich, dass nach Seevölkerrecht in internationalen Gewässern «keine Notifizierungen erforderlich sind, dass man dort frei durchfahren kann, und genau das machen wir gerade.»
Am Mittag zeigten Positionsdaten online die Fregatte «Baden-Württemberg» und den Einsatzgruppenversorger «Frankfurt am Main» in der sogenannten Taiwanstraße. Die Marineschiffe waren auf dem Weg von Südkorea nach Manila auf den Philippinen.
Pistorius: «Es sind internationale Gewässer, also fahren wir durch.»
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hängte das Thema demonstrativ tief. «Ansonsten gibt es zu der Passage von Schiffen nicht viel zu sagen. Das ist eine internationale Wasserstraße», sagte er in Berlin während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem kenianischen Präsidenten William Samoei Ruto.
Zuvor hatte Pistorius die Route bestätigt. «Und das Signal ist ein ganz einfaches, was wir immer vertreten haben und auch ich immer vertreten habe: Internationale Gewässer sind internationale Gewässer», sagte er. «Es ist der kürzeste Weg. Es ist angesichts der Wetterlage der sicherste Weg, und es sind internationale Gewässer, also fahren wir durch.» Er war vor einigen Wochen im Indopazifik-Raum unterwegs, um mit regionalen Partnern über eine verstärkte Zusammenarbeit und den Schutz internationaler Regeln zu sprechen.
Auf die Frage, ob China über die Durchfahrt informiert wurde, sagte ein Sprecher seines Ministeriums: «Das ist weder vorgesehen noch nötig.» Es werde der freie Seeweg genutzt und das Recht auf freie Schifffahrt unterstrichen.
Peking macht Verärgerung deutlich
China sprach von einer Provokation. Peking lehne Drohungen von Staaten gegen die Souveränität und Sicherheit Chinas unter dem Deckmantel der Schifffahrtsfreiheit ab, sagte Außenamtssprecherin Mao Ning. Die Volksrepublik betrachtet die Gewässer in der Meerenge als chinesische Gewässer und zählt auch den Inselstaat Taiwan zu seinem Gebiet, obwohl die Republik seit Jahrzehnten eine von Peking unabhängige und demokratisch gewählte Regierung hat.
Die Kommunistische Partei will Taiwan mit dem Festland vereinen und drohte bereits, dies notfalls mit dem Militär zu erzwingen, falls es nicht auf friedlichem Wege funktioniert. Bei der Taiwan-Frage gehe es nicht um Freiheit der Schifffahrt, sondern um Chinas Souveränität und territoriale Integrität, erklärte Mao. Die Durchfahrt könnte für Ärger mit Peking sorgen und die Verbindungen der Bundesrepublik mit China schädigen, warnte außerdem die staatliche Zeitung «Global Times», die für ihren teils scharfen Ton bekannt ist.
Immer wieder passieren Kriegsschiffe anderer Staaten wie der USA oder Kanadas die Taiwanstraße, meist unter dem Protest Chinas. Auch Taiwans Militär beobachtet die Durchfahrten, so auch bei den beiden deutschen Schiffen, wie das Verteidigungsministerium in Taipeh mitteilte. Mit der «Baden-Württemberg» und der «Frankfurt am Main» haben erstmals wieder seit 2002 deutsche Marineschiffe diese Route gewählt.
Zuvor hat die Marine einen Bogen um Taiwan gemacht
Die Fregatte «Bayern» war zwischen August 2021 und Februar 2022 auf einer ähnlichen Mission im Indopazifik unterwegs, machte um Taiwan aber einen Bogen. In Deutschland war damals gehofft worden, dass Marineschiff könne als Gast und als Zeichen für Zusammenarbeit in den chinesischen Hafen von Shanghai einlaufen. Doch Peking machte einen Strich durch diese Rechnung und lehnte ab. Die Lektion: Nicht jede ausgestreckte Hand wird auch ergriffen.
Für die Durchfahrt demonstrierten die Ampel-Parteien nun vollständigen Schulterschluss. «Unsere beiden Schiffe werden auf ihrer verteidigungsdiplomatischen Mission überall in bester Freundschaft und mit großen Ehren empfangen. Die ganze Fahrt steht im Zeichen von Völkerrecht, Zusammenarbeit und Stabilität«, erklärte die Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger. «Gerade in diesen Zeiten braucht es ein klares Bekenntnis zur Freiheit der Seewege. Es würde daher mehr Fragen aufwerfen, wenn die Straße von Taiwan bewusst umfahren werden würde. Es ist richtig, mit einer souveränen Selbstverständlichkeit diese Route zu wählen.»
Der verteidigungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Alexander Müller, sagte: «Die Durchfahrt ist ein völlig normaler Vorgang, völkerrechtlich gedeckt und wird von vielen Nationen praktiziert. Es ist gut, dass die Bundesregierung keine großen Diskussionen darum macht und so handelt, wie andere westlichen Nationen auch.»