Indonesiens unvollendete neue Hauptstadt Nusantara rückt ins Rampenlicht: Seit dem Morgen (Ortszeit) werden die Hauptfeierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag des Inselstaats erstmals in Borneo abgehalten, wo die als futuristische Smart City geplante Stadt gerade am Rande des Dschungels entsteht.
Noch-Präsident Joko Widodo - Jokowi genannt - hatte bereits vor wenigen Tagen seine erste Kabinettssitzung in Nusantara abgehalten. Die gerade entstehende Stadt auf der Insel Borneo sei «eine Leinwand, die die Zukunft prägen wird», betonte er. «Nicht alle Länder haben die Möglichkeit und die Fähigkeit, ihre Hauptstadt von Null an aufzubauen.»
Grün statt Beton
Erneut erläuterte Jokowi seine Vision: «Nusantara wird nach dem Konzept einer Waldstadt entwickelt, einer Stadt voller Grün, nicht einer Stadt aus Beton oder Glas.» Es handele sich aber auch um eine intelligente Stadt voller Technologie, in der er sich angenehm leben lasse, betonte Jokowi. So sollen den Plänen zufolge auch fliegende Taxis die Lüfte erobern.
Noch ist das Bild aber von Kränen und staubigen Rohbauten geprägt. Während einige Regierungsgebäude kurz vor der Fertigstellung stehen, ist ein Großteil der wesentlichen Infrastruktur wie Wohnhäuser, Schulen und Krankenhäuser noch im Bau. Bis das ganze Projekt fertiggestellt ist, könnte es bis 2045 dauern.
Jokowi hatte den Umzug 2019 angekündigt. Hauptgrund ist, dass Jakarta auf der Insel Java langsam untergeht und bereits weite Teile der Stadt unter dem Meeresspiegel liegen. Bis 2050 könnte das gesamte Gebiet von Nord-Jakarta überflutet sein. Hinzu kommen Verkehrschaos und Smog in der Mega-Metropole mit elf Millionen Einwohnern (und fast 34 Millionen in der Metropolregion). Nusantara liegt etwa zwei Flugstunden nordöstlich von Jakarta in Kalimantan, dem indonesischen Teil der Insel Borneo.
Neben Jokowi nahm auch sein gewählter Nachfolger Prabowo Subianto, der im Oktober sein Amt aufnimmt, an der Feier zum Unabhängigkeitstag teil. «Wir können sehen, wie prachtvoll die Hauptstadt Nusantara ist», schwärmte ein Sprecher im Fernsehen, wo die Zeremonie live übertragen wurde. Vor allem der neue Präsidentenpalast in Form eines riesigen Adlers - der Garuda Palace - sei nicht nur «gewaltig, sondern auch wunderschön».
Kritik an Umsiedelungen
Die Arbeiten auf Borneo begannen 2022. Kritiker monieren aber, dass viele Menschen zwangsweise umgesiedelt werden mussten - und die angebotenen Entschädigungen nicht ausreichten, damit diese sich ein neues Leben aufbauen könnten.
Indonesien mit seinen Tausenden Inseln, die vom Indischen Ozean bis zum Pazifik reichen, und seinen rund 280 Millionen Einwohnern ist der größte Inselstaat der Welt.