Japans Oberster Gerichtshof hat ein inzwischen nicht mehr wirksames Sterilisationsgesetz, unter dem Tausende Menschen zwangsweise unfruchtbar gemacht wurden, als verfassungswidrig eingestuft. Das Gericht habe zugleich einer Gruppe von Klägern eine Entschädigung zugesprochen, die sich vor vielen Jahren einer Operation zur Sterilisation unterziehen mussten, berichtete die japanische Nachrichtenagentur Kyodo. Ihre Entschädigungsansprüche fielen nicht unter eine Verjährungsfrist, da das Gesetz verfassungswidrig gewesen sei, so das Gericht. Es sei nicht zu tolerieren, dass der Staat in diesem Fall eine solche Frist geltend mache.
Das Urteil gilt als wegweisend, da es sich auf laufende und auch künftige Klagen auswirken kann, die sich auf das sogenannte Eugenik-Schutzgesetz beziehen. Das Gesetz in Japan war von 1948 und 1996 in Kraft gewesen. Es hatte sich vor allem gegen Menschen mit geistigen Behinderungen oder Störungen sowie Erbkrankheiten gerichtet. Unter dem Gesetz wurden offiziellen Zahlen zufolge etwa 25.000 Menschen sterilisiert, mindestens 16.000 von ihnen ohne ihre Einwilligung.
Das oberste Gericht des Landes stufte Kyodo zufolge das Gesetz zum ersten Mal als verfassungswidrig ein. Die Kläger hätten zuvor bei fünf verschiedenen Bezirksgerichten, darunter in Sapporo, Sendai, Tokio, Osaka und Kobe, eine Klage eingereicht. Im Mittelpunkt stand demnach jetzt die Frage, ob eine 20-jährige Verjährungsfrist angewendet werden könne, nachdem vier der anderen Gerichte den Ansprüchen der Kläger bereits stattgegeben hatten. Das Gericht in Sendai dagegen habe entschieden, dass eine Verjährungsfrist gelte.
Im April 2019 war ein Gesetz in Kraft getreten, das die staatliche Leistung eines Schmerzensgelds in Höhe von 3,2 Millionen Yen (etwa 18.400 Euro) an die Opfer der Zwangssterilisation vorsah. Doch gab es unter anderem starke Kritik an einer einheitlichen Summe.