Sparmaßnahmen, Stellenabbau, Insolvenzen: Entwicklungen, die derzeit viele deutsche Unternehmen betreffen. In bestimmten Fällen sprechen Arbeitgeber dann auch betriebsbedingte Kündigungen aus. Auch wenn es teils nicht überraschend kommt: Für Betroffene ist es doch eine äußerst stressige Situation. Diese Rechte sollten Sie jetzt kennen.
Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?
Eine betriebsbedingte Kündigung ist möglich, wenn der Arbeitsplatz eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin entfällt. «Der Grund für die Kündigung ist also nicht die Person oder ihr Verhalten, sondern es sind betriebliche Umstände», sagt Kathrin Schulze Zumkley, Fachanwältin für Arbeitsrecht.
Mögliche Auslöser: Die Aufträge einer Firma gehen zurück, ein Standort schließt oder der Betrieb wird in eine andere Region verlegt. Auch wegen Outsourcing kann es zu betriebsbedingten Kündigungen kommen. Schulze Zumkley nennt ein Beispiel: Eine Firma beschäftigt Reinigungskräfte und beschließt nun, den Auftrag für die Reinigung einem externen Unternehmen zu übertragen. Weil die Firma dann keine Reinigungskräfte mehr als Angestellte benötigt, bekommen diese eine betriebsbedingte Kündigung.
Welche Kündigungsfrist gilt bei einer betriebsbedingten Kündigung?
Auch bei betriebsbedingten Kündigungen können Arbeitgeber die Betroffenen in der Regel nicht einfach sofort vor die Tür setzen. Sofern im jeweiligen Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag nichts anderes geregelt ist, gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen - einen Unterschied zwischen betriebsbedingten und anderen Kündigungen gibt es hierbei nicht.
Laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB, Paragraf 622) kann der Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis mit einer Frist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats kündigen. Diese Frist verlängert sich, je länger das Arbeitsverhältnis dauert. Ist im Arbeits- oder Tarifvertrag eine längere Kündigungsfrist vereinbart, muss der Arbeitgeber sie einhalten.
Wer muss bei betriebsbedingten Kündigungen zuerst gehen?
Der Arbeitgeber muss bei betriebsbedingten Kündigungen eine soziale Auswahl vornehmen. Er muss zuerst den Beschäftigten kündigen, die am wenigsten schutzbedürftig sind. Nach dem Kündigungsschutzgesetz sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:
- Dauer der Betriebszugehörigkeit
- Lebensalter
- Unterhaltspflichten (zum Beispiel Kinder)
- Schwerbehinderung
Dabei gilt: Die Schutzbedürftigkeit einer beschäftigten Person vor einer betriebsbedingten Kündigung ist umso größer,
- je länger ein Arbeitnehmender im Betrieb ist,
- je höher das Lebensalter ist,
- je umfangreicher die Unterhaltspflichten sind,
- je stärker sie durch eine Schwerbehinderung beeinträchtigt ist.
Arbeitgeber haben laut Schulze Zumkley einen Beurteilungsspielraum, wie sie die Kriterien gewichten. Sie müssen aber darauf achten, dass sie die einzelnen Kriterien ausreichend berücksichtigen.
Übrigens: «Beschäftigte mit besonderen Fähigkeiten, die für den Betrieb unentbehrlich sind, kann der Arbeitgeber von der Sozialauswahl ausnehmen», sagt Till Bender von der Rechtsschutz-Abteilung des Deutschen Gewerkschaftsbund.
Wer hat besonderen Kündigungsschutz?
Schwangere und Beschäftigte in Elternzeit haben besonderen Kündigungsschutz. Auch Schwerbehinderten kann ein Arbeitgeber nur mit Zustimmung des Integrationsamtes kündigen. Betriebsratsmitgliedern kann nur fristlos und mit Zustimmung des Betriebsrats gekündigt werden.
Wie unterscheidet sich die Situation in Kleinunternehmen und größeren Betrieben?
In Kleinunternehmen mit zehn oder weniger Beschäftigten gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht. «Das heißt, der Arbeitgeber muss keinen Kündigungsgrund haben, folglich auch keine Sozialauswahl vornehmen, und er kann nach eigenem Ermessen entscheiden, wen er entlässt», sagt Schulze Zumkley.
In größeren Unternehmen gebe es im Regelfall einen Betriebsrat, der einen Sozialplan aushandeln kann, so Bender. Ein Sozialplan soll die finanziellen Belastungen abfedern, die den von betriebsbedingter Kündigung betroffenen Beschäftigten bevorstehen. Ein Sozialplan kann Ansprüche auf eine Abfindung und deren Berechnung regeln.
Welche Rolle kommt dem Betriebsrat zu?
Der Betriebsrat handelt mit dem Arbeitgeber nicht nur einen Sozialplan aus. Kommt es zu einer sogenannten Massenentlassung, die vorab der Bundesagentur für Arbeit zu melden ist, muss auch der Betriebsrat rechtzeitig informiert werden. «Der Betriebsrat berät mit dem Arbeitgeber vor allem die Möglichkeiten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern», so Bender.
Generell ist der Betriebsrat bei jeder Kündigung vorab anzuhören. Das Gremium kann unter bestimmten Voraussetzungen einer Kündigung widersprechen. Und: «Wird der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört, ist die Kündigung allein deswegen unwirksam», sagt Schulze Zumkley.
Welche Rechte und Ansprüche haben Arbeitnehmende bei einer betriebsbedingten Kündigung?
Sie können natürlich gegen die Kündigung und für eine Weiterbeschäftigung klagen. «Die Klage muss binnen drei Wochen nach Zugang beim Arbeitsgericht eingehen», sagt Bender.
Eine Klage auf Abfindung ist nicht möglich. Allerdings enden Kündigungsschutzprozesse oft mit einer Abfindung. Einen Anspruch auf Abfindung kann beispielsweise der Sozialplan vorsehen.
Gibt es Alternativen zur Kündigung, die der Arbeitgeber anbieten muss?
«Betriebsbedingte Kündigungen sind immer das letzte Mittel, der Arbeitgeber muss alles tun, um solche Kündigungen zu verhindern», sagt Schulze Zumkley. Gibt es im Unternehmen noch offene Stellen, muss er diese unter Umständen anbieten, bevor er eine Kündigung ausspricht. Auch ein Aufhebungsvertrag kann eine Option sein. Der Arbeitgeber ist der Fachanwältin zufolge aber nicht dazu verpflichtet, diese Möglichkeit anzubieten.
Häufig gibt es sogenannte Freiwilligenprogramme, also den massenweisen Abschluss von Aufhebungsverträgen zu festgelegten Konditionen. Wichtig: «Anders als bei einer betrieblichen Kündigung haben Beschäftigte an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses selbst mitgewirkt und müssen deswegen mit einer Sperrfrist beim Arbeitslosengeld rechnen», sagt Bender.