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Alles in Ordnung? Wie Aufräumen und Psyche zusammenhängen

Einige Menschen finden ein wenig Durcheinander lebendig, andere können in einer unsortierten Umgebung keinen klaren Gedanken fassen. So findet man mit einfachen Tricks die Balance.
Unordnung in der Wohnung
Einfach mal liegen lassen: Ein gewisses Maß an Unordnung kann auch kreativitätsfördernd wirken. © Zacharie Scheurer/dpa-tmn

Ordnung ist für viele Menschen mehr als nur ein ästhetisches Bedürfnis. Sie kann auch einen bedeutenden Einfluss auf das innere Wohlbefinden haben. 

Darauf weisen die Experten der Oberberg Kliniken für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie hin. Sie erklären, welche Rolle Ordnung für die Psyche spielt, wie wir in einem geordneten Umfeld Ruhe und Klarheit finden und wann der Drang nach Ordnung in eine zwanghafte Richtung abgleitet. 

Ordnung schafft innere Ruhe

Aufräumen kann ein Mittel sein, um innere Unruhe zu bekämpfen. Wer sich innerlich durcheinander fühlt, greift oft intuitiv zum Putzlappen oder beginnt, den Schreibtisch aufzuräumen. «Dieser äußere Ordnungsprozess kann dazu beitragen, die Gedanken zu sortieren und ein Gefühl von Struktur und Übersichtlichkeit zu schaffen», so die Fachleute. Gerade in Phasen von Unsicherheit könne das Schaffen von Ordnung eine Art meditativer Prozess sein, der hilft, die Kontrolle über die eigenen Gedanken und Gefühle zurückzugewinnen. 

Streit um Ordnung bei Paaren: Ursache liegt oft tiefer

In Partnerschaften kann das Thema Ordnung zu Konflikten führen. Oft stehen hinter Streitigkeiten über liegengebliebene Socken oder die unaufgeräumte Küche allerdings tiefere Probleme wie eine unausgeglichene Aufgabenverteilung oder unterschiedliche Erwartungen: «Wenn das Ordnungsbedürfnis eines Partners ständig zu Reibungen führt, lohnt es sich, die zugrundeliegenden Konflikte genauer zu betrachten», raten die Expertinnen und Experten der Oberberg Kliniken. Ihr Tipp: Statt Vorwürfe zu machen, könne es hilfreich sein, klare Bedürfnisse zu formulieren und Kompromisse zu finden.

Kreativität und Chaos: ein Balanceakt

Das Bild des «chaotischen Genies» ist verbreitet - aber nicht immer zutreffend. In der Tat könne ein gewisses Maß an Unordnung zwar kreativitätsfördernd wirken, so die Fachleute. Doch wenn das Chaos überhandnimmt und den Alltag dominiert, könne es schnell das Gegenteil bewirken und zu einem Gefühl des Stillstands führen.

Tipps für anhaltende Ordnung

Die Schweizer Ordnungs-Influencerin Dagmar Schäfer (ordnungswunder.ch) empfiehlt die Philosophie «Alles hat seinen Platz» als Grundpfeiler für dauerhafte Ordnung. Folgende Regeln helfen dabei:

  • jeder Gegenstand sollte nah bei dem Ort sein, wo er genutzt wird: Post beim Eingang und Bücher in der Leseecke zum Beispiel
  • er sollte gut erreichbar für einfaches Herausnehmen und Zurücklegen sein, denn das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass man ihn auch wieder wegräumt
  • jeder Gegenstand sollte zusammen mit anderen Dingen derselben Kategorie sein
  • alle Familienmitglieder oder Mitbewohnerinnen sollten wissen, wo etwas ist

Am besten gehe man jeden Raum systematisch durch, um zu entscheiden, wo jeder Gegenstand am besten aufgehoben ist, so Schäfer. 

Routinen für morgens und abends

Sie empfiehlt außerdem Start- und Endroutinen für jeden Tag: «Diese Routinen dienen als Rahmen für deinen Tag und helfen dabei, grobe Unordnung gar nicht erst entstehen zu lassen», erklärt sie. 

Morgendliche Routinen könnten das Bettenmachen, das Lüften, das Einräumen des Frühstücksgeschirrs in den Geschirrspüler und eine kurze Aufräumrunde im Wohnbereich umfassen. «Indem du den Tag ordentlich beginnst, setzt du einen positiven Ton für die verbleibenden Stunden.» Und man verringere das Gefühl der Überforderung, das oft entsteht, wenn man nach einem langen Tag nach Hause kommt.

Abendliche Routinen seien genauso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger. Dazu gehört das Aufräumen der Küche, vielleicht das Frühstück schon vorzubereiten und die Kleidung für den nächsten Tag herauszulegen. Außerdem effektiv: eine 10- bis 15-minütige Blitz-Aufräumrunde durch alle Zimmer, um herumliegende Dinge an ihren Platz zu bringen. Das schaffe einen produktiven Tagesabschluss und mehr innere Ruhe.

«Wenn man bisher die Dinge nie gleich weggeräumt und sich somit daran gewöhnt hat, alles erstmal einfach irgendwohin abzulegen, dann muss man sich zunächst aktiv umgewöhnen, bis die neue Gewohnheit zum Automatismus wird», erklärt die Expertin. Man müsse sich also eine Weile bewusst dazu zwingen. «Aber es lohnt sich!»

Wann Ordnung zum Zwang wird

Aber Vorsicht: Ordnungsdrang kann auch extrem werden, wenn das Bedürfnis nach Sauberkeit und Ordnung den Alltag bestimmt, Ängste hervorruft oder das tägliche Leben stark einschränkt. Etwa, wenn Unordnung oder asymmetrische Arrangements unangenehme Gefühle bis hin zu starken Ängsten auslösen, so die Fachleute der Oberberg Kliniken. In solchen Fällen sei es ratsam, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

© dpa ⁄ Bettina Lüke, dpa
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