Die Ministerpräsidenten schieben eine große Reform für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk an - mit weniger Radioprogrammen und Fernsehkanälen. Die künftige Höhe des Rundfunkbeitrags von aktuell 18,36 Euro bleibt weiter offen. Die Länderchefs wollen den Weg verändern, wie der Beitrag für ARD, ZDF und Deutschlandradio festgelegt wird. Sie setzen dafür auf ein Treffen im Dezember.
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) sagte, man habe sich darauf verständigt, «dass wir bei der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einen Systemwechsel brauchen». Man werde zu einem anderen Finanzierungsmechanismus über die Beiträge kommen. Details gibt es noch nicht.
Zur künftigen Höhe des Rundfunkbeitrags beschloss die Ministerpräsidentenrunde noch nichts, wie Schweitzer sagte. Man sei aber nah an einer Lösung. Zentral soll auch weiterhin eine Empfehlung der unabhängigen Finanzkommission KEF sein. Schweitzers sächsischer Amtskollege Michael Kretschmer (CDU) ergänzte, die Mitwirkungsrechte der Landesregierungen und der Landtage sollen in gleichem Umfang gewahrt bleiben.
Der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke kündigte an: «Wir werden prüfen, was das für die ARD bedeutet, inhaltlich und juristisch.» Einer Stellungnahme der ARD zufolge sagte er: «Es wäre hilfreich gewesen, wenn die Länder auch in der ungeklärten Frage der Anpassung des Rundfunkbeitrags zum 1. Januar 2025 eine Entscheidung getroffen hätten.» Jetzt bestehe weiter Unsicherheit.
ZDF-Intendant Norbert Himmler teilte mit: Für die Zukunft habe das ZDF damit weniger Ausspielwege. Die Möglichkeiten, junge Menschen insbesondere mit Online-Informationen zu versorgen, würden eingeschränkt. Und die zukünftige Finanzierung sei noch überhaupt nicht geklärt. «Das sind drei schwierige Botschaften in einer Zeit, in der ich fest davon überzeugt bin, dass wir einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk brauchen», sagte Himmler.
Deutschlandradio-Intendant Stefan Raue sagte laut einer Mitteilung mit Blick auf die offene Finanzierung: «Zu den Folgen der verfassungsrechtlich gebotenen und dennoch erneut ausgesetzten Beschlussfassung zur KEF-Empfehlung beim Rundfunkbeitrag werden wir uns mit unseren Gremien beraten.»
Streit um Rundfunkbeitrag ein Fall für Karlsruhe?
Die offene Frage des künftigen Rundfunkbeitrags könnte vor dem Bundesverfassungsgericht landen, wenn ARD, ZDF und Deutschlandradio klagen. Denn die neue Periode für den Beitrag, den Haushalte und Formen zahlen, beginnt am 1. Januar 2025. Dann müsste der Rundfunkbeitrag gemäß einer Experten-Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) von monatlich 18,36 Euro um 58 Cent auf 18,94 Euro steigen. Dahinter steht ein verfassungsrechtlich verbrieftes Verfahren.
Die Länderchefs müssen sich eigentlich eng an der Empfehlung orientieren. Schon beim vorigen Mal hatte Sachsen-Anhalt vor dem Bundesverfassungsgericht eine Niederlage kassiert, weil sich das Land gegen eine empfohlene Erhöhung gestellt hatte. Die öffentlich-rechtlichen Sender bekamen Recht und damit doch mehr Geld. Eine Erhöhung des Beitrages jetzt zum Jahreswechsel gilt inzwischen aus rein zeitlichen Gründen als so gut wie ausgeschlossen.
Der Deutsche Journalisten-Verband und die Gewerkschaft Verdi kritisierten die Entscheidungen der Ministerpräsidenten. Die Sender sollten den Streit ums Geld wieder verfassungsrechtlich überprüfen lassen, hieß es in Mitteilungen.
Darum geht es bei den Reformplänen
Die Ministerpräsidenten wollen die Reform, damit der öffentlich-rechtliche Rundfunk effizienter aufgestellt ist. Kretschmer sagte, dass damit die «Kostendynamik, die es gibt, gedämpft wird». Vom brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) hieß es, die Verständigung auf die Rundfunkreform sei «dringend erforderlich».
Details des Beschlusses wurden noch nicht veröffentlicht. Einige Punkte nannten die Länder in der Pressekonferenz. Zum Beispiel: Die ARD-Radioprogramme sollen von 70 auf 53 reduziert werden. Zu den kleineren TV-Sendern stellte Schweitzer klar: «Wir haben nicht die Fusion von 3sat und Arte beschlossen.» Man habe vielmehr die Schaffung von Arte zu einer europäischen Kulturplattform angeregt und dass 3sat-Inhalte perspektivisch dort eine Rolle spielen könnten. KiKA und das digitale Angebot Funk bleiben erhalten. Bei One und ZDFneo soll es eine Kooperation geben. Auch die Deckelung von Ausgaben für Sportrechte haben die Ministerpräsidenten beschlossen.
Gniffke betonte: «Die ARD hat das gleiche Ziel wie die Länder, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk effizient, modern und vor allem zukunftsfest aufzustellen. Teile des Reformstaatsvertrags gehen in die richtige Richtung, doch manche Regelung stellt uns vor Herausforderungen. Aber wir packen das an.»
Die nächsten Schritte
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte: «Erst kommen die Reformen, dann kommt das Thema Gebühren.» Damit die strukturellen Reformen greifen können, müssen noch alle Landtage zustimmen. Lehnt auch nur ein Landesparlament das Papier ab, können die Änderungen in den Staatsverträgen zum Rundfunk nicht in Kraft treten. Die Reform könnte nach früheren Länderangaben von Sommer 2025 an umgesetzt werden.
In Staatsverträgen legen die Bundesländer seit Jahrzehnten fest, welchen Auftrag und welche Struktur der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat. Es geht etwa darum, wie viele Rundfunkanstalten es gibt und welche Programme angeboten werden.
Warum streiten die Länder über den Rundfunkbeitrag?
Die Gegner einer Erhöhung argumentierten, die Häuser hätten nicht genug getan, um sich selbst zu reformieren. Aktuell beträgt der Jahresbetrag für den Rundfunk neun Milliarden Euro. Befürworter sagten, Reformen würden erst mit der Zeit für Einsparungen sorgen. Deshalb müsse man den Häusern das Beitragsplus - auch mit Blick auf die Inflation - zugestehen.
In den vergangenen Monaten lagen die Positionen beim Rundfunkbeitrag weit auseinander. Länder wie Sachsen-Anhalt und Bayern sprachen sich immer wieder gegen eine Anhebung aus. Auch in dieser Frage braucht es aber ein einstimmiges Votum. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff, der sich erst jüngst wieder gegen eine Erhöhung stellte, betonte nach dem Treffen zugleich: «Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist unverzichtbar und ein hohes Gut.»