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«Wurde benutzt»: Nächste Turnerin prangert Missstände an

Am Bundesstützpunkt Stuttgart soll es zu Missbrauchsvorfällen gekommen sein. Eine weitere Turnerin spricht nun darüber - und erhebt schwere Vorwürfe.
Lara Marie Hinsberger
Lara Hinsberger beklagt die Zustände in Stuttgart. © Burghard Schreyer/Kolbert-Press/dpa

In Lara Hinsberger beklagt eine weitere deutsche Top-Turnerin grobe Missstände am Bundesstützpunkt Stuttgart. «In Stuttgart wurde ich behandelt wie ein Gegenstand. Ich wurde benutzt und das so lange, bis ich körperlich und geistig so kaputt war, dass ich für die Trainer (und irgendwann auch für mich selbst) sämtlichen Wert verlor», schreibt die 20 Jahre alte Saarländerin in einem am Silvestertag veröffentlichten Instagram-Post. «Seit der Zeit in Stuttgart bin ich in psychotherapeutischer Behandlung.» 

Teilweise habe sie damals auch verletzt trainiert, schildert Hinsberger: «Ich trainierte immer weiter, bis ich irgendwann eine Stressfraktur im Schienbein mit zusätzlichem Meniskusriss im linken Bein erlitt. Als meine Mutter mit dem (sich in Stuttgart befindenden) Arzt telefonierte, wurde ihr gesagt, dass ich nicht trainieren dürfe. Dabei wurde sich über den ärztlichen Rat hinweggesetzt. Ich trainierte knapp 5 Stunden täglich nur noch Barren.»

Hinsberger: Viel Gewicht verloren

Sorgen außenstehender Trainerinnen und Trainer seien ignoriert worden. Sie habe stattdessen immer weiter an Gewicht verloren. Bei den deutschen Meisterschaften 2019 habe sie 37 Kilogramm gewogen bei 1,60 Meter Körpergröße. «Geredet hatte darüber im deutschen Turnen wirklich jeder, eingeschritten, um mich zu schützen, ist aber leider niemand», schreibt Hinsberger. Kurz darauf seien bei der damals 14-Jährigen unter anderem Depressionen diagnostiziert worden.

Am vorigen Wochenende hatten, angeführt von den ehemaligen Auswahl-Turnerinnen Tabea Alt und Michelle Timm, mehrere Sportlerinnen Missstände am Kunstturnforum Stuttgart öffentlich gemacht. Angeprangert wurden «systematischer körperlicher und mentaler Missbrauch» und katastrophale Umstände.

Als erste aktive Spitzen-Turnerin hatte zuletzt die deutsche Rekordmeisterin Elisabeth Seitz eine Aufarbeitung der Missbrauchsvorwürfe gefordert. Für die Zukunft müssten «Missstände behoben und die Menschen zur Verantwortung gezogen werden, die diese verursachen», hatte die Stuttgarterin bei Instagram geschrieben.

Hinsberger: «Schlichtweg nicht akzeptabel»

Auch Hinsberger meint, dass es grundsätzliche Reformen im deutschen Turnen brauche. «Meine Erfahrungen waren in Stuttgart, wichtig ist aber, dass sich das ganze System ändert», schreibt sie. Sie wisse sicher, dass es auch an anderen Standorten zu «enormen Missständen» komme, über die hinweggesehen werde: «Das ist schlichtweg nicht akzeptabel.»

Der Deutsche Turner-Bund (DTB) hatte bereits vor Hinsbergers Statement Aufklärung durch eine Untersuchung angekündigt. Zudem seien Sofortmaßnahmen initiiert worden. Dem DTB und dem Schwäbischen Turner-Bund (STB) lägen «konkrete Informationen zu möglichem Fehlverhalten von Seiten verantwortlicher Trainer am Bundesstützpunkt in Stuttgart vor», hatte der Verband mitgeteilt. In einer weiteren Stellungnahme kündigte der DTB am Silvestertag eine selbstkritische Überprüfung der bisherigen Maßahmen an.

Ex-Turnerin Kim Bui verlangt arbeitsrechtliche Konsequenzen

Die frühere Spitzenturnerin Kim Bui sprach im Magazin «Stern» von einem System, das Sportlerinnen über Jahre manipuliert und erniedrigt habe. «Die Zustände am Bundesstützpunkt Stuttgart müssen arbeitsrechtliche Konsequenzen haben. Da wurden – wie es aussieht – junge Menschen kaputt gemacht, das darf nicht ohne personelle Folgen bleiben», sagte Bui.

© dpa
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