Marcel Hirscher strahlte, das Publikum jubelte. Das Weltcup-Comeback des Ski-Giganten war das erwartete Highlight beim alpinen Saisonauftakt in Sölden - und es ist ihm gelungen. Nach fünf Jahren Pause raste der achtmalige Gesamtweltcupsieger beim Riesenslalom auf dem Rettenbachferner als 23. auf Anhieb in die Punkte. Auch Lucas Pinheiro Braathen zeigte als Vierter eine große Show. Andere Stars hatten weniger Spaß: Marco Odermatt schied aus, Mikaela Schiffrin patzte, Lara Gut-Behrami vergoss Tränen.
Die Siege am ersten Rennwochenende sicherten sich der Norweger Alexander Steen Olsen und einen Tag zuvor bereits die Italienerin Federica Brignone. Aus deutscher Sicht machte vor allem der zehnte Platz von Lena Dürr am Samstag Hoffnung für den Winter.
Kaum ein anderes Thema in Sölden
«Mega geil» habe sich seine Rückkehr angefühlt, sagte Hirscher. Auch etwas «schräg» nach so langer Abstinenz. Doch der Routinier kostete sie voll aus. Skifahren sei sein Leben und dieser 23. Platz für ihn fast mehr wert als seine bisherigen 67 Weltcupsiege, erklärte er.
Jeder Schritt und jeder Schwung des einstigen Weltcup-Dominators wurde von Kameras begleitet. Im Zielraum jubelten ihm sowohl Fans mit rot-weiß-roten als auch mit Oranje-Fahnen zu. Der Technik-Spezialist fährt inzwischen nicht mehr für Österreich, sondern für die Niederlande, das Heimatland seiner Mutter - aber immer noch richtig gut und richtig schnell.
Nicht nur über den Zeitpunkt seines Comebacks, auch über Hirschers Form war in den Tagen zuvor wild spekuliert worden. Der zweimalige Olympiasieger und siebenfache WM-Goldmedaillengewinner hatte sich erst am Freitag entschieden, schon in Sölden an den Start zu gehen. Womöglich wäre ein späterer Saisoneinstieg mit Blick auf sein Leistungsvermögen vernünftiger gewesen, erklärte er. Das Spektakel bei strahlendem Sonnenschein auf dem Rettenbachferner wollte er sich dann aber doch nicht entgehen lassen.
Braathen Pinheiro zeigt ein Tänzchen
Bei der Streckenbesichtigung, im Starthaus, beim Abschwingen im Zielbereich - ständig seien ihm Erinnerungen an früher gekommen, berichtete Hirscher. Der Salzburger fährt nun für seine eigene Skifirma, eine reine Werbetour ist es aber nicht. Er profitiert von den neuen Wildcards, die der Weltverband Fis vergibt. Die Art und Weise, wie diese eingeführt wurden, sorgte in der Szene mitunter für Misstöne. Darüber, dass Hirschers Präsenz dem Ski-Weltcup generell guttut und ihm wieder mehr Popularität verleiht, sind sich allerdings alle einig.
Mit Startnummer 34 und angefeuert vom Gros der 17.200 Zuschauer raste Hirscher den steilen Hang hinunter. Den zweiten Durchgang zu erreichen, wäre für ihn schon eine «Sensation», hatte er gesagt. Er schaffte sie - und steigerte sich dann sogar noch mal.
Pinheiro Braathen, der nach einem Jahr Pause statt für Norwegen nun für Brasilien fährt, wäre um ein Haar sogar auf das Podest gefahren und zeigte im Zielraum ein Tänzchen.
Odermatt scheidet überraschend aus
Begonnen hatte der Rennsonntag mit einer großen Überraschung. Der Schweizer Odermatt, der dreimal in Serie den Gesamtweltcup und in der vergangenen Saison neun von zehn Rennen in seiner Paradedisziplin gewonnen hat, stürzte im ersten Lauf und schied aus. Und er war nicht der einzige Favorit, für den das Wochenende alles andere als erhofft verlief.
US-Dominatorin Shiffrin war am Samstag nach Halbzeitführung noch auf den fünften Platz zurückgefallen, Gesamtweltcupsiegerin Gut-Behrami gar nicht erst an den Start gegangen. Sie habe sich nach mehreren gesundheitlichen Rückschlägen in der Vorbereitung nicht zu 100 Prozent bereit gefühlt, erklärte die Schweizerin und weinte dabei. Es war ein Weltcup-Auftakt mit vielen Emotionen. Nicht nur für Hirscher.