Beim Lufthansa-Ferienflieger Discover stehen die Zeichen trotz eines neu abgeschlossenen Tarifvertrags auf Konflikt. Die Gewerkschaften Vereinigung Cockpit (VC) und Ufo könnten das fliegende Personal schon bald wieder zu Streiks aufrufen, weil bei den aktuellen Verhandlungen nicht sie, sondern die Konkurrenz von Verdi zum Abschluss gekommen ist. Im Machtkampf der Gewerkschaften könnten die Passagiere möglicherweise noch in diesem Sommer die Leidtragenden werden.
Erste Tarifverträge für die vor drei Jahren gegründete Airline
Das Unternehmen und Verdi berichten über erste Tarifverträge bei der vor drei Jahren gegründeten Airline. Sowohl für die rund 500 Piloten als auch für die rund 1400 Beschäftigten in der Kabine habe man Vereinbarungen zu Gehalt und Arbeitsbedingungen getroffen.
Bis Ende 2027 sind für beide Berufsgruppen Gehaltserhöhungen, Zulagen und Sonderzahlungen vereinbart. Auch an die betriebliche Altersvorsorge, Dienstpläne oder Krankengeldzuschüsse ist gedacht. «Wir haben keinen Dumping-Tarifvertrag gemacht», sagt Verdi-Verhandlungsführer Marvin Reschinsky.
Alles bestens bei der mit 27 Flugzeugen vergleichsweise kleinen Ferien-Airline?
Keineswegs, sagen die Konkurrenz-Gewerkschaften Ufo und VC, die sich nach monatelangen eigenen und eigentlich abgeschlossenen Verhandlungen vom Lufthansa-Konzern getäuscht sehen. Sie stellen insbesondere in Zweifel, dass Verdi eine nennenswerte Anzahl von Discover-Beschäftigten organisiert. Ufo-Verantwortliche sprechen intern von «ein paar Handvoll», während man selbst gemeinsam mit der VC leicht «an die 1000 Kolleginnen und Kollegen» repräsentiere. «Verdi ist als Tarifpartner vom Arbeitgeber eingesetzt», sagt Ufo-Tarifexperte Harry Jaeger.
Eine Sprecherin der Airline erklärte, dass man keine Kenntnis über die jeweilige Gewerkschaftszugehörigkeit der Beschäftigten habe.
Für Verdi ist der Abschluss ein Erfolg
Verdi-Mann Reschinsky lässt die Vorwürfe an sich abperlen. «Zum Organisationsgrad lassen wir uns nicht in die Karten schauen - wie jede andere Gewerkschaft.» Für Verdi ist der Abschluss ein Erfolg, weil man bislang im Lufthansa-Konzern nur beim Bodenpersonal und in den Eurowings-Kabinen so richtig vertreten ist. Einen Tarifvertrag für Piloten hat man nur bei der Fracht-Beteiligung Aerologic.
Die DGB-Gewerkschaft könnte zum Nutznießer der Lufthansa-Strategie werden, ihre bisherigen Fluggesellschaften durch neue Flugbetriebe unter Kostendruck zu setzen. Anfangs gelten dort gar keine und später niedrigere Tarifbedingungen. Diese Logik gilt nicht nur bei der Aerologic im Frachtbereich: Mit Discover Airlines und City Airlines stehen zwei junge Gesellschaften bereit, Lang- und Mittelstrecken billiger zu fliegen als die mit tariflichen Höchstgehältern versehene Lufthansa-Kerngesellschaft.
Für die Kunden sind die Unterschiede kaum erkennbar. Konzern-Chef Carsten Spohr hat daher längst zusätzliche Flugzeuge für die jungen Töchter geordert.
«VC und Ufo können sich ja für bessere Abschlüsse bei der Discover einsetzen», stichelt Reschinsky. Letztlich ist allen Beteiligten klar, dass dies nur über Arbeitskämpfe erreichbar wäre. Erst bei konkurrierenden Tarifverträgen müsste nach dem Tarifeinheitsgesetz festgestellt werden, welche Gewerkschaft die stärkste im Betrieb ist und dann Tarifverträge abschließen darf.
VC will erneute Urabstimmung unter ihren Mitgliedern bei der Discover
Die VC hat bereits eine erneute Urabstimmung unter ihren Mitgliedern bei der Discover angekündigt. Im vergangenen Winter hatten die Piloten bereits in drei Wellen und die Flugbegleiter ein Mal den Betrieb des Ferienfliegers bestreikt und einige Flüge ausfallen lassen. Im Februar waren sogar Piloten der Lufthansa-Boeing-Flotte zu einem Solidaritätsstreik angetreten. Innerhalb der Lufthansa-Gruppe hat die VC für die deutschen Gesellschaften eine gemeinsame Tarifkommission begründet.
Der neue VC-Präsident Andreas Pinheiro gibt sich jedenfalls kampfbereit und sagt: «Sollte die Discover eine Tarifierung mit der VC weiterhin kategorisch ausschließen, sind Arbeitskampfmaßnahmen im Sommer und darüber hinaus wieder im Bereich des Möglichen.»
Verdi hofft hingegen darauf, dass sich das fliegende Personal bei den Billigtöchtern von den im Konzern etablierten Gewerkschaften VC und Ufo nicht richtig vertreten fühlen könnte. «Wir stehen für einen Tarifabschluss bei der City Airlines zur Verfügung», sagt Reschinsky. Die nächste Runde im harten Gewerkschaftskampf bei Lufthansa ist damit eröffnet.