Die Übernahme der Postbank vor mehr als zehn Jahren hat ein teures Nachspiel für die Deutsche Bank. Eine milliardenschwere Rückstellung in einem langwierigen Rechtsstreit mit früheren Postbank-Aktionären brockte dem Dax-Konzern im zweiten Quartal rote Zahlen ein. Unter dem Strich fiel ein Verlust von 143 Millionen Euro an, wie die Deutsche Bank in Frankfurt mitteilte. Es war der erste Quartalsverlust seit Anfang 2020 für das Geldhaus, das in den vergangenen Jahren die Wende geschafft hatte.
Vor einem Jahr hatte die Deutsche Bank noch 763 Millionen Euro verdient. Im Tagesgeschäft lief es dagegen etwas besser als von Analysten erwartet: Ohne die Postbank-Rückstellung stand im zweiten Quartal ein Vorsteuergewinn von 1,7 Milliarden Euro - nach 1,4 Milliarden im Vorjahresquartal.
Langer Schatten der Postbank-Übernahme
Die Bank hatte bereits Ende April mitgeteilt, dass die Mehrheitsübernahme der Postbank im Jahr 2010 teure Folgen haben könnte. In einem seit Jahren laufenden Rechtsstreit mit ehemaligen Postbank-Aktionären deutete das Oberlandesgericht (OLG) Köln an, dass es zugunsten der Kläger entscheiden könnte. Die Deutsche Bank legte daher vorsorglich 1,3 Milliarden Euro zurück - eine Bürde auf den Weg zu den Jahreszielen.
Im Kern geht es um die Frage, ob die 2010 beschlossene Zwangsabfindung der Minderheitsaktionäre angemessen war und ob die Deutsche Bank nicht schon vor dem öffentlichen Übernahmeangebot für die Postbank 2010 faktisch die Kontrolle über das Bonner Institut hatte. Kommt es nicht zu einer außergerichtlichen Einigung zwischen den Parteien, will das OLG Köln am 21. August entscheiden.
Investmentbanking stark im zweiten Quartal
Im operativen Geschäft lief es für die Deutsche Bank ordentlich. Die Erträge - also die gesamten Einnahmen - wuchsen um zwei Prozent auf 7,6 Milliarden Euro. Besonders im Investmentbanking legte der Konzern zu. Dort stiegen die Erträge zum Vorjahreszeitraum um zehn Prozent auf 2,6 Milliarden Euro. Das Wachstum kam im Wesentlichen aus dem Geschäft mit Beratung und der Ausgabe von Wertpapieren, das die Erträge verdoppelte. Die Fondstochter DWS peilt unterdessen dank guter Geschäfte höhere Jahresziele an, während die Erträge im Privatkundengeschäft sanken.
Vor Steuern lag der Gewinn im zweiten Quartal insgesamt bei 411 Millionen Euro. «Das ist das beste Ergebnis in einem zweiten Quartal seit 13 Jahren», schrieb Vorstandschef Christian Sewing in einem Brief an die Beschäftigten, den die Bank veröffentlichte. «Wir sind weiterhin auf einem guten Weg, unsere Ziele für 2025 zu erreichen – einschließlich der angestrebten Ausschüttung an unsere Aktionäre.» An der Börse kamen die Zahlen schlecht an: Deutsche-Bank-Aktien verloren am Vormittag.
Steigende Risikovorsorge: Mehr Firmenpleiten erwartet
Händler begründeten das unter anderem mit Aussagen von Finanzchef James von Moltke, wonach in diesem Jahr keine weiteren Aktienrückkäufe mehr geplant seien. Zudem könnte die Risikovorsorge für Kreditausfälle in diesem Jahr etwas höher ausfallen als bisher geplant. Von Moltke verwies auf die schleppende Erholung am Markt für Gewerbeimmobilien, zudem rechnet die Bank mit mehr Firmenpleiten.
Auf die strategischen Pläne oder Finanzziele der Bank habe die Postbank-Rückstellung keine Auswirkung, betonte die Deutsche Bank. Sie bestätigte ihre Ziele für das laufende und kommende Jahr. «Wir liegen auf Kurs, um wie geplant im Gesamtjahr rund 30 Milliarden Euro an Erträgen zu erreichen», schrieb Sewing. Auch die Ziele für Ende 2025 habe man fest im Blick – insbesondere eine Rendite auf das materielle Eigenkapital von mehr als 10 Prozent.
Viel Unruhe um Postbank
Mit der Übernahme der auf Privatkunden ausgerichteten Postbank wollte die Deutsche Bank unabhängiger vom schwankungsanfälligen Investmentbanking werden. Doch zuletzt sorgte die Postbank immer wieder für Negativschlagzeilen. So verärgerte Chaos bei der Übertragung des Kundengeschäfts auf die Computersysteme der Deutschen Bank im vergangenen Jahr viele Postbank-Kunden. Zeitweise konnten sie nicht auf Konten zugreifen, Baufinanzierungen verzögerten sich. Das rief die Finanzaufsicht Bafin auf den Plan, die einen Sonderbeauftragten schickte. Auch für den Deutsche-Bank-Vorstand hatte das Postbank-Chaos ein Nachspiel: Er bekam weniger Boni für das Geschäftsjahr 2023.