In Frankfurt dreht sich Anfang dieser Woche alles um KI und Co - denn die Bundesregierung hat zu ihrem zweitägigen Digitalgipfel geladen. Aber wo steht Hessen in Sachen Digitalisierung? Welche Chancen und Herausforderungen gibt es?
Auf dem Kongress fallen insbesondere mit Blick auf die Rhein-Main-Region Begriffe wie «innovativer Digitalstandort» oder «Datenkraftwerk». Kein Wunder: Gut die Hälfte der deutschen Großrechenzentren stehen hier, auch wegen der räumlichen Nähe zum De-Cix in Frankfurt, einem der größten Internetknoten weltweit.
«Die hohe Dichte an Rechenzentren hat Frankfurt eine Schlüsselrolle in der globalen Datenverarbeitung gegeben. Aber diese Rhein-Main-Region ist nicht nur das Datenkraftwerk», sagte die hessische Digitalministerin Ministerin Kristina Sinemus (CDU) auf einer Diskussionsrunde. Man wolle die Region auch in das «KI-Ökosystem der Zukunft» entwickeln. Das bedeute, man wolle den Standort so ausbauen, «dass auch neue und innovative Unternehmen hier ihren Platz finden – Gründer, Start-up-Unternehmen.»
Länderindex: Hessen bei digitaler Wirtschaft vorne
Nach Angaben des Ministeriums erwirtschaftete die landesweite Digitalwirtschaft 2023 einen Gesamtumsatz von rund 43,6 Mrd. Euro. Und beim jüngsten Länderindex des Branchenverbands Bitkom belegte Hessen den ersten Platz unter den Flächenländern in der Kategorie «Digitale Wirtschaft». Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst, lobte am Rande des Gipfels Hessens Stellung bei der Digitalisierung. Allerdings sehe er Nachholbedarf in der Start-Up-Szene - etwa im Vergleich zu Berlin, Hamburg und München.
Bereits am Montag waren Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sowie Digitalminister Volker Wissing (FDP) in die Mainmetropole gekommen. Sie betonten, bessere Möglichkeiten schaffen zu wollen, damit Deutschland sich zum führenden KI-Land in Europa entwickelt. Deutschland wird zwar international für seine akademische Ausbildung von KI-Experten gelobt. Bei der Nutzung von KI-Anwendungen in Wirtschaft und Verwaltung sehen Experten allerdings noch große Defizite.
Wie sich Kommunen mit KI besser schützen können
Aber wo findet KI im öffentlichen Raum bereits Anwendung? Bei dem Gipfel werden konkrete Beispiele aus Hessen präsentiert. So beschäftigen sich etwa die TU Darmstadt und die Universitäten in Kassel und Marburg in einem gemeinsamen Programm mit der Frage, wie Kommunen mit Hilfe von KI bei Katastrophen besser geschützt werden können. Konkret sollen in einem Darmstädter Stadtteil schon bald Sensorboxen an Straßenlaternen angebracht werden. Diese messen nicht nur Daten zu Feinstaub, Lärm und Temperatur, sondern können im Fall eines Blackouts drahtlose Kommunikation ermöglichen. Ähnlich verhält es sich mit der energieautarken «Litfaßsäule 4.0», die mit einem Display ausgestattet ist, das auch bei längerem Stromausfall Infos oder Warnungen anzeigen kann.
Unterdessen wird im Landkreis Fulda ein Starkregen-Frühwarnsystem mit Hilfe von KI erprobt. In den Städten und Gemeinden seien insgesamt schon mehr als 200 Sensoren installiert worden. «Wir überwachen damit das Kanalnetz, das Gewässer und auch den Niederschlagsverlauf und können durch die KI die Daten analysieren lassen und erhalten eine Vorwarnung» erklärt Ramona-Margarita Ruppert von der Kreisverwaltung. «Diese Vorwarnung beläuft sich nach aktueller Datenlage auf 50 bis 45 Minuten, die wir vor die Lage kommen.» Entsprechend könne etwa die Feuerwehr frühzeitig alarmiert werden.
KI-Anwendung bei Eintracht Frankfurt
An einem anderen Stand informiert die Bundesbank über das Projekt «Digitaler Euro». Denn unter Federführung der Europäischen Zentralbank (EZB) wird schon seit einiger Zeit an einer digitalen Variante als Ergänzung zu Schein und Münze getüftelt. Aber auch im Stadtraum gibt es während des Kongresses innovative Orte zu sehen - etwa das Stadion von Eintracht Frankfurt. Bei Führungen wird die digitale Steuerung von Besucherströmen erklärt, um Wartezeiten an Eingängen oder Ständen zu verkürzen. Oder es geht um die bedarfsgerechte datengestützte Bewässerung des Rasens mit Hilfe von Sensoren.
Ein weiteres Thema des Gipfels sind natürlich die Rechenzentren, die in Hessen mehr als 35.000 Arbeitsplätze sichern. So geht es etwa um die Frage, wie die Abwärme optimal genutzt werden kann: Im Frankfurter Quartier «franky», das wohl 2025 fertiggestellt wird, sollen 60 Prozent der Wärmeversorgung über ein benachbartes Zentrum kommen. Es gibt aber auch mahnende Worte: Nötig seien mehr Flächen, preiswerterer Strom und schnellere Genehmigungsverfahren, sagt der Chef des Rechenzentrumsbetreibers Telehouse, Béla Waldhauser. Sonst würden Rechenzentren abwandern. Es bestehe Handlungsbedarf. Denn: «Aus meiner persönlichen Sicht stehen wir erst am Anfang der Digitalisierung.»