Die Gespräche über eine mögliche Koalition von CDU, BSW und SPD in Thüringen sind in einer kritischen Phase, nachdem BSW-Chefin Sahra Wagenknecht ihre außenpolitischen Forderungen nochmals verschärft hat. Ungeachtet der Irritationen, für die Wagenknecht mit ihrer Forderung nach Abgrenzung der Landes-CDU vom Kurs des CDU-Chefs Friedrich Merz in der Ukraine-Politik sorgte, gehen die Gespräche in Erfurt weiter, sagten Vertreter der drei Parteien.
Gesprochen werde in den ersten Tagen dieser Woche über einen Passus zur Friedensfrage in der Präambel eines möglichen Koalitionsvertrags, den das BSW Ende vergangener Woche zur Bedingung für den Start in reguläre Koalitionsverhandlungen gemacht hat.
Sollten die heiklen Gespräche nicht scheitern, könnte Thüringen in dieser Frage eine Art Blaupause auch für die Regierungsbildung mit dem BSW in Sachsen und Brandenburg liefern. Dabei geht es unter anderem um mehr Diplomatie zur Beendigung des Ukraine-Kriegs.
BSW-Co-Chef kündigt Formulierungsvorschlag an
Der Thüringer Co-Landesvorsitzende des BSW, Steffen Schütz, kündigte einen Formulierungsvorschlag seiner Partei zu der strittigen Frage an. Er sei zuversichtlich, «dass wir eine Lösung finden, weil uns alle eint, dass wir die Sorgen und Nöte der Menschen ernst nehmen», sagte Schütz der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. «Wir verhandeln zäh, aber kompromissbereit.» Er verwies auf die Landesverfassung, nach der Thüringen zum inneren und äußeren Frieden beitragen solle.
Der BSW-Landeschef warf Merz vor, mit seinen Äußerungen im Bundestag die Gespräche in Thüringen nicht leichter gemacht zu haben. «Irritationen hin oder her, für eine Eskalation hat nicht Frau Wagenknecht gesorgt, sondern Herr Merz im Bundestag.»
Klare «Friedensformel» verlangt
Dem ZDF sagte Schütz, er könne sich vorstellen, dass im Verlauf dieser Woche eine Lösung bei den bisher strittigen friedenspolitischen Forderungen gefunden werden kann. Es gebe die Chance einer Brombeer-Koalition in Thüringen - «wenn die Friedensformel in der Präambel klar und eindeutig ist», sagte er der dpa.
Wagenknecht hat bei möglichen Koalitionsbildungen ihres BSW mit der CDU in Thüringen und Sachsen eine Abgrenzung zum Kurs von Merz in der Ukraine-Politik gefordert. «Nach der entsetzlichen Rede von Friedrich Merz diese Woche im Bundestag, in der er faktisch einen Kriegseintritt Deutschlands gegen Russland gefordert hat, können wir mit seiner Partei nur in Koalitionen eintreten, wenn die Landesregierung sich von solchen Positionen klar abgrenzt», sagte die BSW-Bundesvorsitzende dem «Spiegel».
Thüringer CDU-Vize: Wagenknecht-Forderungen «immer abenteuerlicher»
Unionsfraktionschef Merz hatte am Mittwoch im Bundestag einen härteren Kurs gegen Kremlchef Wladimir Putin gefordert. In seinem Newsletter bekräftigte er dies am Wochenende. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hätte zusammen mit den Regierungschefs von Frankreich und Großbritannien eine deutliche Ansage an Putin machen müssen, schrieb Merz. «Wenn der Kriegsterror gegen die Zivilbevölkerung nicht binnen 24 Stunden aufhört, werden die Reichweitenbegrenzungen der gelieferten Waffen aufgehoben. Wenn das nicht reicht, liefert Deutschland Taurus-Marschflugkörper, um die Nachschubwege der russischen Armee zu zerstören.»
Die Ukraine fordert immer wieder, dass sie in ihrem Verteidigungskampf westliche Waffen auch gegen Ziele auf russischem Territorium einsetzen darf.
Der stellvertretende Thüringer CDU-Vorsitzende Christian Hirte entgegnete, Wagenknechts Forderungen würden «immer abenteuerlicher». «Friedrich Merz ist unser Kanzlerkandidat und auf dem richtigen Kurs für Deutschland», sagte er. Offensichtlich störe Wagenknecht «die pragmatische Politik in Thüringen».