Ob es eine nicht fahrende Solarfähre auf der Schlei ist, gleich wieder abgebaute Granitstelen in Lübeck oder teure Fahrradstellplätze in Kiel: Dem Bund der Steuerzahler (BdSt) gehen die Beispiele von Steuergeldverschwendung in Schleswig-Holstein nicht aus. Im diesjährigen Schwarzbuch werden sieben Fälle aus dem Norden aufgelistet, bundesweit sind es 100.
Der Präsident des Steuerzahlerbunds in Schleswig-Holstein, Aloys Altmann, nannte «Größenwahn, fehlende Prioritätensetzung und mangelhafte Planung» als Ursachen von vielen Fehlern in Politik und Verwaltung. Einen solchen sorglosen Umgang mit Geld könnten sich Bund, Länder und Gemeinden künftig nicht mehr leisten. Vor allem die überbordende Bürokratie und immer mehr öffentlich Bedienstete sind dem Steuerzahlerbund ein Dorn im Auge.
Wieder abgebaute Granitstelen in Lübeck
In Lübecks erster Fahrradzone wurden 350 Granitstelen aufgestellt, um Grünflächen vor unerlaubtem Parken zu schützen. Nach Anwohnerprotesten wurde die Hälfte wieder abgebaut und die andere Hälfte gekürzt. Der finanzielle Schaden sei nicht zu beziffern, weil die Summe der Stadt nicht bekannt sei. Der BdSt spricht deswegen von einem Armutszeugnis der Verwaltung.
Teures Fahrradparkhaus in Kiel
Das Uniklinikum Kiel erhält für mehr als 15 Millionen Euro ein Fahrradparkhaus für 1.340 Fahrräder. Dazu gehören Ladestationen für E-Bikes, Spinde für Fahrradbekleidung und ein Serviceraum für Reparaturen. Das mache mehr als 11.000 Euro je Fahrradparkplatz. Zu teuer, moniert der BdSt. Besser wäre es aus seiner Sicht, überdachte Fahrradstellplätze auch an Kliniken zu bauen, die noch keine Abstellanlagen hätten.
Solarfähre fährt nicht
An der Schlei sollte eine für vier Millionen Euro gebaute Solarfähre die alte Dieselfähre ersetzen. Doch das funktioniert bis heute nicht, unter anderem, weil die neue Fähre zu groß ist. Das Land musste die bereits verkaufte alte Fähre zurückkaufen. «Warum man sich nicht an die Abmessungen der in Auftrag gegeben Machbarkeitsstudie gehalten hat, ist ein Geheimnis», kritisiert der BdSt.
Stadt scheitert mit Plan für Baugebiet an Bevölkerung
Die Stadt Bad Bramstedt gab 600.000 Euro für einen Rechtsanwalt aus, um sich im Streit um ein geplantes Baugebiet beraten zu lassen. Nach einem Bürgerbegehren beendete die Stadtvertretung das Projekt. Die Flächen für das Baugebiet hatte die Stadt zuvor bereits für 1,6 Millionen Euro gekauft. Aus Sicht des BdSt wäre ein moderierter Diskussions- und Entscheidungsprozess gefragt gewesen. «Den Bürgerwillen kann man nicht durch teure Anwälte beeinflussen.»
Millionenschaden durch fehlende Höhenmessung
Neun Millionen Euro Schaden verursachte die Kollision eines zu hochbeladenen Frachters mit zwei Brücken auf dem Nord-Ostsee-Kanal. Es fehlte an geeignetem Messegerät, um die Höhe richtig zu bestimmen. Für den BdSt unverständlich, denn «wäre das Schleusenpersonal mit geeigneten Messgeräten ausgestattet gewesen, hätte der Schaden vermieden werden können».
Umnutzung von Kaufhausgebäude zu Schule schwieriger als gedacht
Die Stadt Lübeck wollte den langen Leerstand eines ehemaligen Kaufhauses in der Innenstadt vermeiden und in dem für 13 Millionen Euro gekauften Gebäude unter anderem Schulklassen unterbringen. Die für 27 Millionen Euro geplanten Umbauten verzögern sich um mehrere Jahre wegen Anforderungen an Geräuschdämmung, Brandschutz und Technik. Die Stadt habe das Pferd von hinten aufgezäumt, kritisiert der BdSt. Ein Nutzungskonzept sei erst nach dem Kauf des Gebäudes entwickelt worden. «Das dauert erfahrungsgemäß lange und wird teuer.»
Die Stadt Lübeck reagierte ihrerseits mit Kritik am BdSt: «Das Schwarzbuch der Steuerzahler hat sich mittlerweile zu einem populistischen Medium entwickelt, das selbst gesetzliche Vorgaben ausblendet oder fachliche Begründungen unberücksichtigt lässt», teilte eine Sprecherin mit. Die Stadt hatte dem BdSt ausführlich auf Fragen zum Beispiel zur Zwischennutzung und zu anderen Nutzern als Schulen geantwortet.
Ende des «E-Highway»-Versuchs
Am 31. Dezember endet der «E-Highway»-Versuch auf der A1 zwischen Reinfeld und Lübeck. Der BdSt hatte das gefordert. Die Technik funktioniere, habe aber keine Chance auf Umsetzung. Die mehr als 30 Millionen Euro wären besser für Investitionen in Eisenbahn und Schifffahrt ausgegeben worden, so der Steuerzahlerbund.
Aussichtsplattform in Grenzgebiet zu Hamburg
Einen weiteren Fall listet der BdSt Hamburg auf. Die kritisierte Aussichtsplattform mit einer Höhe von 1,5 Metern liegt aber auf schleswig-holsteinischem Gebiet am Rande des Naturschutzgebiets Stapelfelder Moor. Mehr als 27.000 Euro dafür - die Hälfte von Hamburg bezahlt - hält der Steuerzahlerbund für Verschwendung. Denn die Aussicht von der Plattform sei nicht anders als vom Weg.