Die Schweizer Nationalspieler um Matchwinner Xherdan Shaqiri schlenderten erschöpft und erleichtert in die spärlich besetzte Fankurve und ließen sich von etwa 100 Anhängern feiern.
Mit seinem Doppelpack beim 3:1 (2:0)-Sieg gegen die Türkei vor 20.000 Zuschauern in Baku hat der frühere Münchner am Sonntag die Hoffnungen der Schweiz auf einen Einzug ins Achtelfinale bei der Fußball-EM genährt und dem Rivalen den vorzeitigen Turnier-K.o. versetzt.
Der Ex-Frankfurter Haris Seferovic brachte die stark verbesserten Eidgenossen in der 6. Minute in Führung, ehe Shaqiri (26./68.) zweimal sehenswert traf. «Es war wichtig, dass wir heute eine Reaktion als Mannschaft gezeigt haben. Ich bin stolz darauf. Jetzt schauen wir, was der Sieg Wert ist», sagte Shaqiri. Ähnlich bewertete Steven Zuber, der alle drei Treffer vorbereitete, die Situation. «Jetzt hoffen wir, dass die anderen Nationen für uns spielen», sagte der Mittelfeldspieler von Eintracht Frankfurt.
Die Schweizer verpassten zwar hinter Italien (9) und den punktgleichen Walisern die direkte Qualifikation für das Achtelfinale, können die K.o.-Runde aber noch als einer von vier besten Gruppendritten erreichen. «In den nächsten Tagen können wir nichts mehr machen. Wir müssen abwarten, aber ich bin optimistisch», sagte Trainer Vladimir Petkovic. «Ich denke, vier Punkte sollten reichen.»
Türkischer Mut wird nicht belohnt
Irfan Can Kahveci (62.) gelang zwar das erste Tor für die Türkei bei dieser EM, das blamable Aus des Halbfinalisten von 2008 als punktloser Gruppenletzter konnte er damit aber nicht verhindern. Entsprechend enttäuscht flüchteten die Schützlinge von Trainer Senol Günes - begleitet von Pfiffen ihrer Fans - direkt nach dem Abpfiff in die Stadion-Katakomben. «Wir haben nicht den nötigen Charakter gezeigt und sind unter unseren Erwartungen geblieben», bilanzierte Günes den schwachen EM-Auftritt seiner Mannschaft.
Dabei waren die Türken offensiv in das Gruppenfinale gestartet. Anders als in den Partien gegen Italien (0:3) und Wales (0:2) wurde von Beginn an konsequent der Weg zum Tor gesucht. Bereits nach vier Minuten zwang Kaan Ayhan den Schweizer Torwart Yann Sommer, der am vergangenen Mittwoch erneut Vater geworden war, zu einer ersten Glanzparade. «Es war für mich sehr emotional und natürlich auch sehr stressig», hatte der Keeper vom Bundesligisten Borussia Mönchengladbach nach der Geburt seiner zweiten Tochter berichtet.
Mitten in die erste Drangphase der Türkei platzte das Führungstor der Eidgenossen hinein. Seferovic überwand Torwart Uğurcan Çakir mit einem platzierten Flachschuss und bejubelte danach ausgelassen sein erstes EM-Tor überhaupt. «Heute haben wir ein starkes Spiel gemacht», frohlockte der Angreifer von Benfica Lissabon nach dem Abpfiff. «Wir können uns höchstens vorwerfen, nicht noch mehr Tore erzielt zu haben.»
Frühzeitige Entscheidung verpasst
Die Türkei blieb zwar zunächst das aktivere Team, die Schweizer waren aber wesentlich effizienter. Shaqiri traf mit einem herrlichen Schlenzer aus rund 20 Metern in den Winkel. 120 Sekunden später scheiterte er nach feiner Vorarbeit von Seferovic am glänzend parierenden Cakir.
Danach zogen sich die Eidgenossen weit in die eigene Hälfte zurück und überließen dem Gegner die Initiative. Das hätte sich fast gerächt. Der auffällig agierende Mert Müldür scheiterte vor der Pause gleich viermal am erstklassigen Sommer.
Nach dem Wechsel wurden die Schweizer wieder etwas agiler, doch plötzlich schlugen die Türken zu: Kahveci nahm aus etwa 20 Metern Maß und ließ Sommer keine Chance. Nun war richtig Feuer in der Partie, deren Ausgang aber nur kurz ungewiss blieb. Nur sechs Minuten nach dem Anschluss war es erneut Shaqiri, der den alten Abstand wieder herstellte und seinen ersten Doppelpack imm Nationaldress seit sieben Jahren schnürte. «Ich hatte mir vorgenommen, noch mehr den Abschluss zu suchen. Mein rechter Fuß war heute nicht schlecht», sagte der 29-Jährige vom FC Liverpool.
Erneut war die türkische Abwehr, die in den zehn Qualifikationsspielen zur EURO nur drei Gegentore kassiert und achtmal zu Null gespielt hatte, nicht auf der Höhe. In der Schlussphase traf Granit Xhaka noch den Pfosten. Die Türken fügten sich in die Niederlage und treten als große Turnier-Verlierer vorzeitig die Heimreise an.