Das Wasser kommt in Wacken in diesem Sommer aus dem Tank-Anhänger. Ein Traktor befeuchtet damit einen der Wege auf dem Heavy-Metal-Festival (W:O:A) in Schleswig-Holstein. Nach Schlamm-Problemen im Vorjahr freut sich die Metal-Szene über 26 Grad und eitel Sonnenschein. «Sonne ist schon besser, dass man nicht im Schlamm stecken bleibt», sagt Bodil. Die 24-Jährige kommt aus einem kleinen Dorf in der Nähe. Sie sei jedoch vorbereitet.
Die meisten der erwarteten 85.000 Metalheads, wie sich die Szene selbst nennt, haben es dagegen weiter. Sergio ist nach 2005 das zweite Mal aus Portugal angereist. Nach seiner Hochzeit wolle er seiner Frau nun auch mal das Festival zeigen, von dem er ihr seit Jahren vorschwärme. Man müsse das einfach erleben. Beim Aufbau des Zelts hätten ihm Campingnachbarn sofort Bier angeboten. «Die kennen dich hier nicht, dennoch behandeln sie dich fast wie Brüder», beschreibt er das besondere Flair.
700 Liter Bier und ein alter Feuerwehr-Wagen
Gleich mit etwa 40 Mitstreitern ist Martin aus Niedersachsen nach Wacken gereist. Für den Metalfan aus dem Osnabrücker Land ist es der zehnte oder elfte Besuch. Aus «Jux und Dollerei» hätten sie ein Haus direkt an der Hauptstraße des kleinen Orts gekauft. Nach dem Festival soll zumindest eine Ferien-Wohnung darin genutzt werden. Der Niedersachse ist mit einem alten, ausrangierten Feuerwehr-Wagen nach Wacken gekommen. «Der große Vorteil ist: Neunsitzer und viel Laderaum für viel Bier», sagt er. An Bord waren 15 Kisten und 8 Paletten. Insgesamt habe die Gruppe rund 700 Liter mitgebracht, sagt er.
Das Festival habe sich in den vergangenen Jahren sehr verändert, das Merchandising sei teurer geworden, sagt Martin. Es kämen immer mehr Touristen nach Wacken, die zwar keine Metalfans seien, das Festival aber einmal erleben wollten. Grund sei der Hype um Wacken. Stören tue ihn das jedoch nicht. «Das ist einfach komplett entspannt, ist quasi Urlaub für uns.»
Weniger Stau
Die Anreise der Fans läuft nach Polizeiangaben bislang ohne größere Probleme. Laut Veranstaltern hatten bis zum Nachmittag bereits 52.000 Metalfans Wacken erreicht.
Im Vorjahr hatten die Veranstalter wegen der Wetter-Kapriolen erstmals in der Geschichte des Festivals aus Sicherheitsgründen einen Einlass-Stopp verhängt. Letztlich kamen nur 61.000 Besucher aufs Gelände. Das Anreisekonzept wurde deshalb geändert, die Metalfans auf unterschiedlichen Routen geleitet.
Auf der Hauptstraße ist bereits vor dem offiziellen Festivalstart viel Betrieb. Meist in schwarz gekleidete Metalfans schlendern durch den Ort, stehen vor der Eisdiele Schlange oder schleppen Bier-Nachschub zum Zeltplatz. Dort ertönt am Nachmittag die Durchsage an Festival-Besucher: «Das Freibad ist voll, die lassen gerade keinen mehr rein.» Rund 400 Menschen warteten bereits davor auf Einlass.
«Die machen keinen Ärger»
Immer wieder laufen Festivalbesucher auch am Haus von Walter vorbei. Der 79-Jährige beobachtet das Treiben vor seinem Gartenzaun. «Wir freuen uns immer, wenn sie kommen. Und auch, wenn sie gehen», sagt der Wackener. «Die machen keinen Ärger.» Walter trägt ein T-Shirt des Festivals von 1992. Auf die Konzerte selbst gehe er aber nicht. «Das ist hier laut genug.» Die Bühnen seien schließlich nur 800 Meter Luftlinie entfernt.
Offiziell beginnt das Festival am Mittwoch, die letzten Konzerte enden in der Nacht zum Sonntag. Es gilt als eines der größten Heavy-Metal-Festivals der Welt. Die jährlich 85.000 Fans aus aller Welt lassen die Gemeinde mit 2.000 Einwohnern für mehrere Tage zum Mittelpunkt der Szene werden. Einer der Headliner sind die Scorpions. Erwartet werden unter anderen Korn, Amon Amarth, In Extremo, Blind Guardian und Gene Simmons. Die Karten für 2024 waren binnen viereinhalb Stunden ausverkauft.
Bodils Freundin Lia zog mit ihrem Freund vor einem Jahr nach Wacken. «Wir haben uns 2022 hier kennengelernt. Die Liebe zu dem Festival verbindet.» Sie sei durch ihren Vater mit Metal groß geworden, sagt die 27-Jährige. Sie freut sich über das bessere Wetter in diesem Jahr: «So wie jetzt - 26 Grad - ist eigentlich perfekt.»
Feueralarm
Aus Sicht der Polizei gab es bislang nur kleinere Einsätze. «Das ist super friedlich», sagte ein Polizeisprecher. In den frühen Morgenstunden musste aber die Feuerwehr zum Gelände ausrücken. Dort war gegen 4.00 Uhr aus noch unbekannter Ursache ein Zelt mit Merchandise in Brand geraten. Trotz schnellen Einsatzes der Feuerwehr griffen die Flammen auf zwei Fahrzeuge und drei Zelte über. Ein Auto brannte komplett aus, bei einem weiteren entstand erheblicher Schaden. Drei Menschen wurden wegen Verdacht auf Rauchvergiftung behandelt.