Nach einem Angriff auf Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) vor rund fünf Monaten steht der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter vor einem Urteil. Die Staatsanwaltschaft hat auf eine dauerhafte Unterbringung des 74-Jährigen in einem psychiatrischen Krankenhaus plädiert. Der Verteidiger dagegen forderte, von einer Schuldfähigkeit seines Mandanten auszugehen und das Verfahren auszusetzen. Das Berliner Landgericht wird möglicherweise am Freitag (18. Oktober) eine Entscheidung verkünden.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem 74-Jährigen gefährliche Körperverletzung vor. Der Mann soll Giffey am 7. Mai in der Gertrud-Haß-Bibliothek in Berlin-Rudow eine schwere Tasche zielgerichtet gegen den Kopf- und Nackenbereich geschlagen haben. Auch eine andere Frau sei am Arm getroffen worden. Der Mann leide an einer wahnhaften Störung, es bestehe die Gefahr ähnlich gelagerter Taten, sagte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Ausdruck der Erkrankung des 74-Jährigen seien «jahrzehntelang hetzerische Schreiben und körperliche Gewalt gegen verschiedene Personen».
Ein «Maulheld», der oft beleidige
Der Verteidiger sagte, für eine dauerhafte Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus müsse es sich um erhebliche rechtswidrige Taten handeln - «die liegen aber nicht vor». Sein Mandant sei bereits seit 30 Jahren krank. Allerdings sei nicht von einer Schuldunfähigkeit auszugehen. Der 74-Jährige sei ein «Maulheld», er beleidige und sei «frech», könne sich aber steuern, zeigte sich der Anwalt überzeugt. Eine Bestrafung sei möglich, allerdings liege keine gefährliche Körperverletzung vor. Das nun laufende Sicherungsverfahren sei auszusetzen.
Der deutsche Beschuldigte, der sich vor Gericht als «Widerständler» bezeichnete, war kurze Zeit nach dem Angriff auf Giffey gefasst worden und ist seitdem vorläufig in einem Krankenhaus des Maßregelvollzugs untergebracht. Er ist den Ermittlungsbehörden durch zahlreiche Strafverfahren unter anderem wegen Beleidigung bekannt, die wegen Schuldunfähigkeit eingestellt wurden. Vor Gericht erklärte der Mann, er habe der SPD-Politikerin einen «Denkzettel» verpassen wollen. Sie habe 20 Jahre lang nicht auf Schreiben von ihm reagiert. In dem Beutel hätten sich lediglich Zeitungen befunden.